Küng zählte zu den bekanntesten Kritikern der Amtskirche. Seine Thesen zu den Themen Unfehlbarkeit, Kirche und Gott führten 1979 zum Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis. Gleichzeitig erlangte er dadurch grosse Popularität. Küng wurde 1928 in Sursee LU geboren. Nach der Matur in Luzern studierte er an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und später in Paris Philosophie und Theologie. 1954 erhielt Küng die Priesterweihe.
Von 1957 bis 1959 war er an der Hofkirche in Luzern praktischer Seelsorger. 1960 wurde er an die Universität Tübingen berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 1996 tätig war. Als er 85 Jahre alt wurde, zog Küng sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
Er schrieb über 50 Bücher
Küng profilierte sich als kritischer Theologe. Weil er das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubens- und Sittenfragen bezweifelte, entzog ihm 1979 der damalige Papst Johannes Paul II die kirchliche Lehrerlaubnis. «Ich lehre schon seit eh und je und bin als katholischer Theologe anerkannt. Ich brauche die römische Fahrerlaubnis nicht», sagte Küng später dazu.
Küng wurde durch seine Kritik an der Amtskirche und durch deren Abstrafung zum Idol der katholischen Reformbewegung. Er schrieb über 50 Bücher, darunter Bestseller wie «Ist die Kirche noch zu retten?» und «Jesus». Küng erreichte weltweit Millionen von Lesern.
Papst Benedikt war sein Weggefährte
Etiketten wie «Papstkritiker» hat Küng nie besonders gemocht. «Kirchenkritiker ist kein Beruf. Ich bin nicht an Kritik interessiert. Aber wenn man dort so verbohrt an Positionen festhält, muss man halt immer wieder gleiches wiederholen», sagte er. Küng scheute klare Worte nicht. Dem polnischen Papst Johannes Paul warf er vor, er habe ein autoritäres Lehramt ausgeübt und die Menschenrechte von Frauen und Theologen unterdrückt.
Der deutsche Papst Benedikt XVI. war in den sechziger Jahren ein Weggefährte Küngs. Dieser sagte über Benedikt, er habe sich in eine konservative Käseglocke zurückgezogen, die ihn von der Realität der Menschen trenne. Für den aktuellen Papst Franziskus fand Küng lobende Worte. In seinem 2015 erschienen Buch «Sieben Päpste» schrieb er, Franziskus habe durch seine direkte Sprache, seinen antikurialen Lebensstil und seinen Appell an das Evangelium die Atmosphäre im höfisch-römischen System gründlich verändert.
Mit vielen Ehrendoktoraten ausgezeichnet
Trotz aller Kritik nahm Küng die Kirche auch in Schutz. So warnte er angesichts von Missbrauchsskandalen vor Pauschalurteilen über Geistliche und die Kirche. Zahllose Seelsorger seien untadelig und setzten sich voll für ihre Gemeinden ein.
Küngs Lebenswerk ist die Stiftung Weltethos, die er bis 2013 leitete. Eine Epoche, die anders als jede frühere durch Weltpolitik, Welttechnologie, Weltwirtschaft und Weltzivilisation geprägt sei, bedürfe eines Weltethos, lautet sein Credo. Er wurde für sein Schaffen mit vielen Ehrendoktoraten ausgezeichnet. Diese erhielt er hauptsächlich von Universitäten in den USA und in Grossbritannien.
Medien würdigen sein Wirken
Der Tod des Schweizer Theologen Hans Küng hat viele Medien zu Würdigungen veranlasst. «Er war ein widerspenstiger Reformtheologe mit geradliniger Vita ohne Lebenslügen und Doppelmoral» schrieb etwa der «Tages-Anzeiger». Die «Neue Zürcher Zeitung» bemerkte, Küng sei von einem Theologen der katholischen Kirche zu einem Theologen der Welt geworden - obwohl seine Mission gescheitert sei.
In der «Aargauer Zeitung» hiess es, Küngs Ziel sei der Weltfriede gewesen und seine Forderung der Dialog. Das Portal kath.ch würdigte den Verstorbenen als grossen innovativen theologischen Denker und Wegbereiter. Die deutsche «Südwest Presse» schrieb, der Kirchenkritiker habe die katholische Kirche herausgefordert. Diese habe mit einem Bannstrahl reagiert. «Zum Schweigen brachte ihn das nicht.» Die «New York Times» stellte fest, Küng habe als produktiver Schriftsteller und prominenter Redner den Dialog zwischen den Religionen gefördert und die Doktrin des Vatikans an vielen Fronten herausgefordert, was dessen Zensur provoziert habe. (SDA/bra)