Künftig sollen Ermittler aus der DNA-Spur eines mutmasslichen Täters nicht nur dessen Geschlecht, sondern auch das wahrscheinliche Erscheinungsbild auswerten dürfen – darunter Haar-, Haut- und Augenfarbe sowie das Alter und die biogeographische Herkunft. FDP-Justizministerin Karin Keller-Sutter (55) legte dafür am Mittwoch ein revidiertes DNA-Profilgesetz vor. Dieses wurde in die Vernehmlassung geschickt. Die sogenannte Phänotypisierung könnte in Zukunft dabei helfen, bisher ungelöste Fälle aufzuklären – sofern die Gesetzesänderung angenommen wird.
Matthias Stammbach (54) ist Abteilungsleiter in der Staatsanwaltschaft I für schwere Gewaltkriminalität des Kantons Zürich. Er sagt zu BLICK: «Ich stehe dieser Gesetzesänderung positiv gegenüber.» Er betont aber, dass es sich bei der Phänotypisierung um eine Fahndungsmassnahme und nicht um ein Beweismittel handelt.
Ausserdem sei sie auch nicht für jedes Delikt geeignet. «Sie wird bei schweren Delikten zum Zug kommen, sofern andere Massnahmen bei der Fahndung nicht erfolgreich waren», sagt Stammbach. Dazu gehören etwa Mord, Vergewaltigung oder schwerer Raub. Zudem müsste eine Phänotypisierung von der Staatsanwaltschaft angeordnet werden.
Drei Tote, eine DNA – und kein Täter
Die neue Gesetzgebung könnte bei zwei noch ungelösten Mordfälle zum Zug kommen, die mysteriös zusammenhängen! Einerseits der Mord an der Psychiaterin Ana Maria M.* (†56) im Jahr 2010 im Zürcher Seefeld. Andererseits der Doppelmord von Laupen BE im Jahr 2015, bei welchem das Ehepaar Georges S.* (74) und Gerda K.* (64) getötet wurde. Auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Fälle. Die Polizei geht aber davon aus, dass es sich in beiden Fällen um ein und denselben Täter handelt.
Mysteriös: Im Zuge der Ermittlungen hatte die Kantonspolizei Bern umfangreiches Spurenmaterial ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass eine am Tatort in Laupen gesicherte DNA-Spur identisch mit der DNA vom Tatort in Zürich ist. «Sollte es die Gesetzesänderung geben, werden wir hier sicher versuchen die Phänotypisierung anzuwenden», sagt Matthias Stammbach. Ob diese am Ende tatsächlich zum Erfolg führt, könne er zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sagen. «Die Phänotypisierung birgt aber neue Hoffnungen, die Fälle zu lösen», sagt er.
Vergewaltigung in Emmen
Auch ein brutaler Vergewaltigungsfall in Emmen LU aus dem Jahr 2015 könnte dank der Phänotypisierung neue Erkenntnisse liefern. Eine junge Frau wird damals vom Velo gerissen und in einem Waldstück vergewaltig. Das Opfer wird beim Überfall schwer verletzt und ist heute querschnittsgelähmt. Aufgrund ihres Gesundheitszustandes konnte das Opfer über eine längere Zeit nicht zum Vorfall befragt werden.
Trotz Massengentest bei über 300 Männern wurde der Täter bis heute nicht gefasst. Mit der Phänotypisierung gibt es auf der Jagd nach dem Täter einen neuen Hoffnungsschimmer. (bra)
*Namen der Redaktion bekannt
Die US-Firma Parabon NanoLabs geht auf der Jagd nach Verbrechern sogar noch einen Schritt weiter. Sie hat ein Tool entwickelt, das anhand der DNA ein Phantombild erstellen kann – genannt Snapshot. Bei vielen Wissenschaftlern ist das Tool aber umstritten und stösst auf Kritik.
Dennoch soll es aber schon dabei geholfen haben, mehrere ungelöste Kriminalfälle aufzuklären. Darunter ein Mordfall im Bundesstaat North Carolina. Das Tool soll laut den Ermittlern geholfen haben, den Mörder zu identifizieren. Ausserdem stellte das US-Verteidigungsministerium der Firma Parabon NanoLabs etwa zwei Millionen Dollar für die Entwicklungsfinanzierung von Snapshot zur Verfügung.
Die US-Firma Parabon NanoLabs geht auf der Jagd nach Verbrechern sogar noch einen Schritt weiter. Sie hat ein Tool entwickelt, das anhand der DNA ein Phantombild erstellen kann – genannt Snapshot. Bei vielen Wissenschaftlern ist das Tool aber umstritten und stösst auf Kritik.
Dennoch soll es aber schon dabei geholfen haben, mehrere ungelöste Kriminalfälle aufzuklären. Darunter ein Mordfall im Bundesstaat North Carolina. Das Tool soll laut den Ermittlern geholfen haben, den Mörder zu identifizieren. Ausserdem stellte das US-Verteidigungsministerium der Firma Parabon NanoLabs etwa zwei Millionen Dollar für die Entwicklungsfinanzierung von Snapshot zur Verfügung.