Behörden verschleppen Ermittlungen seit Monaten
EDA-Mitarbeiter unter Kinderporno-Verdacht

Ein EDA-Mitarbeiter in Italien wird verdächtigt, Kinderpornos heruntergeladen zu haben. Statt zu ermitteln, streiten sich die Behörden seit Monaten über die Zuständigkeit.
Publiziert: 14.01.2019 um 08:18 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2019 um 13:26 Uhr
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Der EDA-Mitarbeiter, der unter Kinderporno-Verdacht steht, arbeitet in Italien.
Foto: Keystone
Cyrill Pinto
Cyrill PintoReporter SonntagsBlick

Bereits im vergangenen April erreichte das Bundesamt für Polizei (Fedpol) die Meldung. Alarm schlug das US-Ministerium für die innere Sicherheit, die Homeland Security: Nacktbilder von Kindern und Bilder von sexuellen Handlungen mit Kindern wurden ins Internet gestellt. Der Urheber nutzte dafür offenbar einen Server der Bundesverwaltung in Bern. Das Kommissariat Cybercrime des Fedpol überprüfte die Information der US-Kollegen und stellte fest: Ein Bundesangestellter des Aussendepartementes (EDA) in Italien lud das verbotene Bildmaterial auf die Server des Bundesamts für Informatik und Telekommunikation (BIT).

Das Fedpol fasste seine Erkenntnisse in einer Verdachtsmeldung zusammen und übermittelte das Dossier Ende Juni 2018 an die Kantonspolizei Bern. Diese sollte das Material vom Server sichern und den EDA-Mitarbeiter überprüfen. Doch die Kantonspolizei weigerte sich, den Fall weiterzuverfolgen. Weil der EDA-Mitarbeiter in Italien stationiert sei, seien die italienischen Ermittler für den Fall zuständig.

Gericht musste über Zuständigkeit entscheiden

In der Folge entwickelte sich ein monatelanges Hin und Her zwischen den verschiedenen Ermittlern. Auf der einen Seite Fedpol und die Bundesanwaltschaft: Sie forderten die Eröffnung einer Strafuntersuchung durch die Berner Staatsanwanwaltschaft. Ihren Standpunkt untermauerten sie in einem Gesuch, das sie beim Bundesstrafgericht einreichten. Denn die Behörden des Kantons Bern weigerten sich partout, in dem Fall zu ermitteln. Schliesslich musste das Bundesstrafgericht über die Zuständigkeit entscheiden.

In ihrem Urteil kamen die Richter nun zum klaren Entscheid: «Die Strafbehörden des Kantons Bern sind berechtigt und verpflichtet, die vorgeworfenen strafbaren Handlungen zu verfolgen und zu beurteilen.»

Seit diesem Entscheid sind wiederum mehr als vier Wochen vergangen. Noch immer wurden keine Ermittlungen in dem Fall eingeleitet, wie der stellvertretende Generalstaatsanwalt des Kantons Bern zugeben muss: «Zwischen der regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland und der kantonalen Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben sind zurzeit Zuständigkeitsabklärungen im Gange», so Christof Scheurer. Erst danach würden die Vorwürfe geprüft und erste Ermittlungsschritte vorgenommen.

Scheurer rechtfertigt das Vorgehen der Berner Ermittler: Die Generalstaatsanwaltschaft sei erst Ende August mit der Zuständigkeitsfrage konfrontiert worden, die Akten lägen der Behörde erst seit Anfang Dezember vor. «Es gilt zu berücksichtigen, dass die Generalstaatsanwaltschaft im letzten Jahr nicht weniger als 1966 Gerichtsverfahren geführt hat», so Scheurer.

Verdacht bis heute nicht überprüft

Fakt ist: Bis heute, neun Monate nach der Meldung durch die US-Behörden, wurde nicht überprüft, ob Kinder aus dem Umfeld des Verdächtigen betroffen sind. «Dies werde zu gegebener Zeit die mit dem Fall betraute Verfahrensleitung zu prüfen haben», so Scheurer.

Für Thomas Walther, den früheren Leiter der Koordinationsstelle für Internetkriminalität, zeigt dieser Fall: «Statt sofort zu intervenieren und den Schaden einzugrenzen, streitet man lieber über die Zuständigkeit – ob während dieser Zeit weiter Kinder missbraucht werden, spielt offenbar keine Rolle.»

Beim Aussendepartement in Bern hat man jedenfalls noch keine Kenntnis von dem Verdacht gegen einen ihrer Mitarbeiter: «Das EDA wurde über dieses Strafverfahren bisher nicht informiert», heisst es lediglich. Man sei zwar im Juni 2018 über einen Verdachtsfall informiert worden, «ob es sich aber tatsächlich um den Fall der Berner Behörden handelt, weiss das EDA nicht». Sollten sich Verdachtsmomente erhärten, würde das EDA die geeigneten Massnahmen treffen, wie ein Sprecher sagt: «Das EDA toleriert keine strafbaren Handlungen seiner Mitarbeitenden.»

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