Sie träumten vom gemütlichen Zuhause für sich und ihre Liebsten. Stattdessen erleben Familie S.* und Familie H.* einen Albtraum, der nicht enden will. Die Baufirma pfuschte, ging in Konkurs und der verantwortliche Generalunternehmer bleibt tatenlos. Das Resultat: Totalschaden statt Traumhaus!
Als Ronny S. (42) am 23. Oktober 2017 den Kaufvertrag unterschreibt, hat er noch keine Ahnung, dass der Traum vom Eigenheim im Albtraum enden wird. Zusammen mit seiner Frau will er in Hägendorf SO bauen. Sie entscheiden sich für ein fertiges Bauprojekt, ein Elementbauhaus inklusive Land für 900'000 Franken. Ein Architekturbüro aus Wynau BE und eine Immobilienfirma aus Kappel SO unterzeichnen den Vertrag gemeinsam als Verkäufer und Generalunternehmer. Sie versprechen ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus inklusive Keller, Reinigung und Anschlussgebühren.
Keine Garage, kaputte Fassade und unfertige Türen
Das Projekt hätte im Frühjahr 2018 fertig sein sollen. Doch S. lebt heute noch immer auf einer Baustelle, obwohl er fast alles bezahlt hat. Die Freude am Eigenheim ist ihm vergangen. «Ich ziehe nun einen Anwalt bei, der Erfahrung mit Baupfusch hat», sagt er. Und fügt verzweifelt an: «Nichts ist fertig. Seitens Generalunternehmer kommen immer nur leere Versprechen.» Bei einem Rundgang zeigt S. BLICK, was alles pendent ist: Die Garage wurde nicht gebaut, Aussengeländer fehlen, an der Fassade blättert Farbe ab und die Türen sind unverkleidet. Nach dem Einzug musste S. sogar selbst beim Sanitär betteln, damit dieser die Heizung zum Laufen bringt!
Dieses Schicksal teilen seine Nachbarn, die vietnamesische Familie H. Auch sie bezahlte die zwei selben Generalunternehmer für ein Einfamilienhaus. Manh Minh H. (39) und seine Frau Anh unterschreiben den Kaufvertrag am 31. Oktober 2017. Ihr Banker überweist 890'000 Franken für ein schlüsselfertiges Haus. Doch auch die Familie lebt mit ihren drei Kleinkindern heute auf einer Baustelle. Auch auf ihrem Grundstück wurde nichts fertig gebaut. Die Mutter sagt zu BLICK: «Das ist gefährlich. Unsere Tochter schlug sich das Bein auf. Ich habe Angst, dass sich meine Kinder noch schwerer verletzen.» Aus gutem Grund. Die Mängel sind massiv!
«Unsere Kinder spielen im Dreck»
Die neue Treppe in den ersten Stock federt, das dazugehörige Geländer ist zu klein und lottert, an den Fenstern gibt es keine Sockelleisten und im Boden hat es Löcher, aus denen nackte Kabel herausragen. BLICK liegt ein Mail des Elektrikers vor, das den Pfusch verdeutlicht. Er schreibt: «Die Multimedia-Dosen kann ich nicht installieren. Die Verrohrung ist schlecht, deshalb kann ich keine Kabel einziehen.» Noch ein Beispiel: Im kleinen Badezimmer lässt sich die Türe nicht komplett öffnen, weil der Raum zu eng gebaut wurde! Vater H. erträgt die Situation kaum: «Wir haben bezahlt und jetzt spielen unsere Kinder im Dreck.»
Der zuständige Architekt versteht, dass die Familien wütend sind. Als Generalunternehmer habe er ihr Geld an eine von ihm beauftragte Baufirma weitergeleitet: «Anfänglich wurden die Aufgaben gut ausgeführt. Dann kam es zu gravierenden Mängeln am Objekt und zu Zahlungsschwierigkeiten gegenüber weiteren Subunternehmen.» Gegen Ende habe er dann das Unternehmen direkt bezahlt: «Deshalb wurden die finanziellen Mittel aufgebraucht und es kam zum Baustopp.»
Der zweite Verkäufer, die Immobilienfirma, sagt: «Den Ärger der Bauherren können wir zu 100 Prozent nachvollziehen.» Zum Baustopp sei es gekommen, weil die ausführende Baugesellschaft pleite sei. Man gibt sich selbstkritisch: «Zahlungen wurden getätigt, ohne den Baufortschritt genau zu überprüfen.» Nun rechnet man mit einem Gerichtsfall.
Anzeige fallen gelassen
Tatsächlich wurde über die beauftragte Baufirma aus Oftringen AG Anfang 2019 der Konkurs verhängt. Der ehemalige Geschäftsführer will sich gegenüber BLICK nicht äussern. Im Gespräch betont er aber, dass der Architekt die Geschichte falsch darstelle. Die beiden Generalunternehmer reichten gegen die Baufirma eine Anzeige wegen Betrugs und Gefährdung durch Verletzung der Baukunde ein. Die Staatsanwaltschaft hat sich gegen ein Verfahren entschieden.
Den Familien nützt dieses Pingpong der Schuldzuweisungen wenig. Sie wollen nur, dass endlich jemand ihre Häuser fertigstellt.
*Namen der Redaktion bekannt
Der Traum vom Eigenheim kann schnell zum Albtraum werden. Wenn die Baufirma pleitegeht und und treuhänderische Kontrollmechanismen versagen, wird das Ersparte zum Schuldenberg. Das Beispiel aus Hägendorf SO ist da kein Einzelfall. BLICK machte vor zwei Wochen den Fall eines Kleinunternehmers aus Brig VS publik, der eine Hypothek aufnahm und jetzt auf einem Schuldenberg hockt, obwohl er die Wohnung gar nicht besitzt. Grund: Die Bank überwies das Geld der Firma, die die Wohnung verkaufen sollte. Diese ging jedoch kurz darauf pleite, ohne dem Unternehmer die Wohnung überschrieben zu haben.
Was kann man dagegen tun? Liegenschaftsverwalter Michel Wyss (47) vom Verband Casafair: «General- und Subunternehmer handeln nicht zwingend böswillig. Die Verantwortlichen haben ihr Projekt manchmal schlicht nicht im Griff. Dann passieren Fehler.» Bei einem Baustopp müsse die Situation deshalb sofort angegangen werden. Betroffene sollen sich nicht auf Diskussionen einlassen. Wyss: «Zieht einen Baujuristen bei, stellt offene Forderungen in Rechnung und macht vorwärts. Nicht aufregen und es selber in die Hand nehmen.»
Sein Tipp, um den Schrecken vorzeitig zu vermeiden: «Laien sollten von Anfang an einen Baurechtsvertreter hinzuziehen und Verträge prüfen lassen», so Wyss. «Bauherren sind meistens Neulinge. Sie lassen sich gerne von Hochglanzbroschüren blenden.»
Auch nicht jede Bank hat gute Kontrollmechanismen. Wyss rät: «Nur in spezifischen Raten zahlen, die sich nach dem Baufortschritt richten.» Sein Geheimtipp: «Bauherren nehmen besser eine andere Bank als der Generalunternehmer. Sonst kann es zum Interessenkonflikt kommen.» Ebenso empfiehlt er eine Baurechtsschutz-Versicherung. Selbst wenn diese im besten Fall nie benötigt wird. Anian Heierli
Der Traum vom Eigenheim kann schnell zum Albtraum werden. Wenn die Baufirma pleitegeht und und treuhänderische Kontrollmechanismen versagen, wird das Ersparte zum Schuldenberg. Das Beispiel aus Hägendorf SO ist da kein Einzelfall. BLICK machte vor zwei Wochen den Fall eines Kleinunternehmers aus Brig VS publik, der eine Hypothek aufnahm und jetzt auf einem Schuldenberg hockt, obwohl er die Wohnung gar nicht besitzt. Grund: Die Bank überwies das Geld der Firma, die die Wohnung verkaufen sollte. Diese ging jedoch kurz darauf pleite, ohne dem Unternehmer die Wohnung überschrieben zu haben.
Was kann man dagegen tun? Liegenschaftsverwalter Michel Wyss (47) vom Verband Casafair: «General- und Subunternehmer handeln nicht zwingend böswillig. Die Verantwortlichen haben ihr Projekt manchmal schlicht nicht im Griff. Dann passieren Fehler.» Bei einem Baustopp müsse die Situation deshalb sofort angegangen werden. Betroffene sollen sich nicht auf Diskussionen einlassen. Wyss: «Zieht einen Baujuristen bei, stellt offene Forderungen in Rechnung und macht vorwärts. Nicht aufregen und es selber in die Hand nehmen.»
Sein Tipp, um den Schrecken vorzeitig zu vermeiden: «Laien sollten von Anfang an einen Baurechtsvertreter hinzuziehen und Verträge prüfen lassen», so Wyss. «Bauherren sind meistens Neulinge. Sie lassen sich gerne von Hochglanzbroschüren blenden.»
Auch nicht jede Bank hat gute Kontrollmechanismen. Wyss rät: «Nur in spezifischen Raten zahlen, die sich nach dem Baufortschritt richten.» Sein Geheimtipp: «Bauherren nehmen besser eine andere Bank als der Generalunternehmer. Sonst kann es zum Interessenkonflikt kommen.» Ebenso empfiehlt er eine Baurechtsschutz-Versicherung. Selbst wenn diese im besten Fall nie benötigt wird. Anian Heierli