Ausgerechnet im Emmental, dem Inbegriff von Schweizer Bauern-idylle, steht einer der modernsten Laufställe des Landes. Roboter füttern und melken die Kühe und misten auch den Stall. «Ich musste noch keine Gabel Heu aus dem Stall tragen», sagt Bauer Jürg Oberli (52). Das erledigt für ihn ein
roter Roboter, der aussieht wie ein runder Rasenmäher.
Auslöser für den Umbau zum Hightech-Laufstall war ironischerweise die Denkmalpflege. «Im alten Stall waren die Plätze für die Kühe laut dem Tierschutzgesetz plötzlich vier Zentimeter zu klein», so Oberli. «Wir konnten aber nicht anbauen, weil der Denkmalschutz das Bauernhaus als schützenswert einstufte.» Jürg Oberli und sein Sohn Adrian (23) entschieden, in die Zukunft zu investieren. Das Resultat ist beeindruckend.
Seit August 2015 ist der riesige Laufstall im Sumiswalder Ortsteil Grünen in Betrieb. Das Dach misst 2000 Quadratmeter. «Mein Motto war: Licht, Luft, Raum», sagt Oberli. 15 Prozent der Investition stellte der Kanton als Agrar-Kredit zur Verfügung. Den muss er innert 15 Jahren zurückzahlen. Subventionen gab es keine.
Futter- und Melk-Automat
Oberli und sein Sohn bauten nach holländischem Vorbild. 70 Kühe haben Platz, zurzeit sind es 54 Tiere. Die Fütterung übernimmt ein Roboter, der jede halbe Stunde mit einem Laser die Höhe des Futters misst. Sinkt sie unter 60 Millimeter, füllt der Roboter auf. Wird eine Zutat knapp, gibt der Behälter dem Futterkran per Bluetooth den Befehl zum Nachfüllen.
Die Kühe können fressen, wann sie wollen. Wenn sie Druck im Euter verspüren, können sie sich melken lassen: Sie gehen selbständig zu einem Melkroboter. Auch der ist rund um die Uhr in Betrieb. Die Kühe haben einen Chip im Halsband. So weiss der Roboter, welche Kuh gerade dran ist. Seit dem letzten Melken müssen mindestens sechs Stunden vergangen sein. Hat eine Kuh keine «Melkberechtigung», steht sie vergeblich an.
Dennoch ist Bauer Oberli weiterhin jeden Morgen um 5.45 Uhr im Stall. Er kontrolliert dort als Erstes am Computer, wie es seinen Tieren geht, ob eine Kuh brünstig ist oder Fieber hat. «Wir sehen dank der Technik viel genauer, ob eine krank wird.»
Schweizer Milch zu EU-Preisen: Das geht nicht!
Sorgen macht Oberli hingegen der Milchpreis. Als er sich 2014 zum Bau des Laufstalls entschied, lag der bei 68 Rappen pro Liter. Jetzt erhält er noch 50 Rappen. «Der Richtpreis von 65 Rappen wird von den Abnehmern nicht eingehalten. Heute würde ich mir den Bau nochmals überlegen», sagt Oberli. «Wir können nicht Schweizer Standards halten und EU-Preise haben.»
Der Strompreis hat sich seit 2014 ebenfalls halbiert. Die Solarpanels auf dem Stalldach produzieren überschüssigen Öko-Strom, für den Oberli auf der Verkaufsplattform www.stromvonhier.ch nun Abnehmer sucht. Alles in allem freut sich der Emmentaler dennoch über seinen Entscheid: «Ich wollte einen tiergerechten Stall, die Roboter sind Hilfsmittel, die uns den Alltag erleichtern – und die Kühe sind auch ruhiger geworden.»
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