Über zu wenige Aufträge kann er sich nicht beklagen: Ugur Baldinger (55), Geschäftsführer der Deckenbauer AG in Zürich. Die Firma hat sich spezialisiert auf die Montage von Deckensystemen, ist in dieser Sparte gar der Marktführer.
Bei den Neubauprojekten des Spitals Limmattal in Schlieren ZH, dem Kantonsspital in Baden AG, dem Unispital in Zürich oder dem Stadtspital Triemli in Zürich – überall hat die Deckenbauer AG die Decken montiert.
Doch: Wegen eines Auftrags für den Neubau des Felix-Platter-Spitals in Basel liegt die Firma mit rund 70 Mitarbeitern nun im Koma. Ugur Baldinger weiss: «Uns droht im schlimmsten Fall die Insolvenz!» Grund ist ein Streit zwischen dem von der Stadt Basel beauftragten Generalunternehmen BAM Swiss und der Deckenbauer AG.
Dicke Überraschung auf der Baustelle
Der Generalunternehmer hat mit der Deckenbauer AG im Februar 2018 einen Werkvertrag unterzeichnet. Dabei ging es um rund 13'000 Quadratmeter Decken, die verbaut werden mussten. Baldinger dazu: «Wir haben in diesem Werkvertrag vereinbart, dass 14 meiner Mitarbeiter die Decken bis Oktober verbaut haben.»
Auf der Baustelle des Felix-Platter-Spitals folgte dann aber das böse Erwachen für Baldingers Truppe: Seine fix zugesagten 14 Mitarbeiter müssen nicht wie vereinbart 13'000 Quadratmeter Decken montieren – sondern rund 15'500 Quadratmeter. «In Sitzungen mit der BAM Swiss haben wir über die Differenzen bei der Berechnung des Ausmasses gesprochen und vereinbart, zu versuchen, zusätzliche Arbeitskräfte anzustellen, um trotzdem termingerecht fertig zu werden», sagt Baldinger.
So schickte die Deckenbauer AG mit Müh und Not weitere Temporäre auf den Bau – trotzdem werden sie rund einen Monat später fertig als ursprünglich vereinbart. Für die BAM Swiss der Grund, eine Konventionalstrafe in Höhe von 460'000 Franken auszusprechen. Damit nicht genug. «Auch soll ich die zusätzlichen Mitarbeiter, die ich händeringend suchen musste, aus eigener Tasche bezahlen», so Baldinger. Kosten: rund 250'000 Franken. Ebenfalls werden zusätzliche Mehraufwände von rund 100'000 Franken nicht beglichen.
Deckenbauer soll Ausmass falsch berechnet haben
Gegenüber BLICK gibt der Generalunternehmer zu, dass es zwischen den beiden Firmen Meinungsdifferenzen bei der Berechnung der Ausmasse gebe. Darum habe man auch die Schlussrechnung der Deckenbauer AG zurückgewiesen. «Es gibt Ausmassdifferenzen. Nach Auffassung der BAM Swiss AG wurde das Ausmass von der Deckenbauer AG falsch berechnet», so Anwalt Patrick Middendorf. Er vertritt die BAM Swiss AG. Laut dem Generalunternehmer gebe es keinen Anlass, das Ausmass nach oben zu korrigieren.
Die Deckenbauer AG muss wegen dieser Streitigkeit auf rund eine Million Franken warten. Der Fall liegt vor Gericht – eine Einigung ist nicht in Sicht. «Ich muss nun hoffen, dass mir die Banken weiterhin Kredit geben – sonst muss ich einen wesentlichen Teil der Belegschaft entlassen oder gar Insolvenz anmelden», sagt Chef Baldinger.
Für den Millionen-Auftrag in Basel sei die Deckenbauer AG in Vorleistung gegangen. «Es geht hier um rund 50 Prozent unseres gesamten Eigenkapitals – das ist verheerend», so Baldinger. Das Geld reiche vorerst bis September. Dann müsse er mit den Banken zusammensitzen. «Danach sind wir auf uns selbst gestellt, wenn wir uns mit der BAM nicht einigen können.»
Dem Spital fehlt nun der Brandschutznachweis
Auch für das neue Spital Basel hat der Streit der beiden Firmen ernste Folgen. Weil der Generalunternehmer laut Baldinger eigenmächtig zusätzliche Mitarbeiter mit der Montage von Brandschutzdecken beauftragt hat, kann die Deckenbauer AG keine Haftung für diese Arbeiten übernehmen.
Unter anderem deswegen fehlt dem Neubau die feuerpolizeiliche Freigabe, wie Susanna Wittwer, Sprecherin des Felix-Platter-Spitals, BLICK bestätigt. Immerhin: Da eine provisorische Freigabe vorliege, dürfe der Spital trotzdem schon betrieben werden.