Tierheime wissen nicht mehr, wohin mit verstossenen Katzen
Bitte gebt uns ein Zuhause!

Leichtsinnige Käufe führen immer öfter zum Aussetzen der Tiere, aus reiner Bequemlichkeit. Diese Tiere, meistens Katzen, landen in total überfüllten Tierheimen.
Publiziert: 05.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:13 Uhr
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Die Kätzchen warten in Basel auf neue Besitzer.
Foto: Stefan Bohrer
Von Romina Lenzlinger, Jessica von Duehren (Text) und Stefan Bohrer (Fotos)

Anouk Benziad (53) ist verzweifelt. Das Katzenheim des Tierschutzbundes in Basel platzt bald aus allen Nähten. Momentan kümmern sich die Leiterin der Katzenabteilung und die Pfleger um 201 Katzen. 55 davon sind noch Junge. Das sind fünfmal mehr als in den vergangenen Jahren. «Wir versuchen alle aufzunehmen. Doch wohin soll das noch führen?», fragt Benziad.

Immer wieder läutet das Telefon. Die meisten Anrufer melden herrenlose Katzen. Nur wenige der Findeltiere sind Streuner, der Grossteil wird von den Besitzern ausgesetzt.

So entdeckte vergangenen Dienstag eine Spaziergängerin mitten im Wald zwischen Gestrüpp und Geäst drei kleine Kätzchen. Die Tiere sind keine fünf Wochen alt, ihre Besitzer haben sie verstossen. «Sie waren hungrig, eines hatte sogar ein gebrochenes Bein», sagt die Heimleiterin. Jetzt warten die Kleinen darauf, dass ihnen jemand ein neues Zuhause schenkt.

Solche Fälle machen Benziad traurig: «Die Schweiz hat ein Katzenproblem. Die Situation ist beängstigend und viel schlimmer, als die Öffentlichkeit denkt.»

Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Im Heim Chatzechörbli in Frauenfeld kümmert sich Esther Rellstab (55) um ausgesetzte Tiere. «Ich mache das seit 26 Jahren. Aber in letzter Zeit werden immer mehr Katzen abgegeben», sagt sie.

Mit schuld daran ist ihrer Meinung nach das Internet: Nicht nur Kleider und Schuhe, auch das neue Haustier ist nur einen Klick entfernt. «Und so schnell, wie sie das Tier gekauft haben, so schnell geben die Besitzer es wieder ab», sagt Rellstab. Die Gründe seien immer die gleichen: Die Ferien kommen, oder in der neuen Wohnung sind Haustiere verboten. «Und manche Besitzer lügen einen an, behaupten, sie hätten plötzlich eine Allergie.»

Auch bei Alexandra Testa kommen immer öfter Katzen­besitzer vorbei, die ihr Tier abgeben. Die 44-Jährige gründete die Schweizerische Vereinigung der Katzenhaus-Freunde und vermittelt seit sieben Jahren herrenlose Tiere an Pflegestationen in der Deutschschweiz. Testa sagt: «Die Leute kaufen sich die Kätzchen, weil sie herzig sind. Aber sobald sie etwas kosten, wollen sie sie loswerden. So ist das mit unserer Wegwerfgesellschaft.»

Das grösste Problem liegt ihrer Meinung nach aber woanders: «Die Leute denken nicht daran, dass ihre Katzen Nachwuchs kriegen können. Kastriert sind die wenigsten.» Das müsse sich ändern, wenn es nach ihr ginge. «Die Tiere müssen kastriert und gechipt werden. Bei Hunden ist das schliesslich schon üblich.»

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