Rentner Ernst Meier (79) aus Allschwil BL dachte erst an einen schlechten Scherz: «Als ich das Couvert der Steuerverwaltung öffnete, konnte ich nicht glauben, dass das ernst gemeint ist.»
Im Schreiben vom 4. Juli 2012 fordert die Stadt Dietikon ZH vom früheren Metallschleifer eine Nachsteuer. Eigentlich nichts Besonderes. Doch hier geht es um Staats- und Gemeindesteuern für das Jahr 1957!
«Bei der Verlustschein-Kontrolle haben wir festgestellt, dass noch Ausstände von Ihnen vorhanden sind», steht im Schreiben. Exakt 49 Franken und 95 Rappen.
Ernst Meier versteht die Welt nicht mehr. «Ich bin 1959 aus dem Kanton Zürich weggezügelt. Ich hatte mich ordentlich abgemeldet und meine neue Adresse bei der Gemeinde hinterlegt.»
«Ich hab keine Ahnung, worum es bei der Forderung geht»
Verlustscheine resultieren aus einer Betreibung oder einem Konkurs. «Ich war aber nie selbständig. Ich hab keine Ahnung, worum es bei der Forderung geht. Sie ist ja auch schon geschlagene 55 Jahre alt», sagt der Rentner entrüstet.
Am vergangenen Freitag geht Meier persönlich beim Stadthaus in Dietikon vorbei. «Man sagte mir, ich hätte vor 55 Jahren nicht all meine Steuern bezahlt. Davon habe ich bis heute nichts gewusst.»
Gisela Mathis, Leiterin Steueramt Dietikon, reagiert gelassen: «Wenn jemand einen Verlustschein hat, soll er den nach Möglichkeit auch zahlen.»
Verlustscheine bis ins Jahr 2016 gültig
Früher waren Verlustscheine unverjährbar. Jetzt gibt es ein neues Gesetz, dass Schuldscheinen eine Verjährungsfrist von 20 Jahren haben. «Daher sind vor 1997 ausgestellte Verlustscheine bis ins Jahr 2016 gültig», erklärt die Steueramtsleiterin.
«Die ganze Suche nach dem uralten Verlustschein kostete ja mehr als der gesamte geschuldete Betrag», regt sich Meier auf. «Das ist doch Irrsinn.»