Bis Ende 2016 betrieb die Firma ORS Services AG im Auftrag des Bundes ein Asylheim in Aesch BL – und soll dort die Asylsuchenden schikaniert haben. Wie die «Basler Zeitung» berichtet, seien etwa Kollektivstrafen an der Tagesordnung gewesen.
So sollen jeden Morgen die Zimmer auf Ordnung und Sauberkeit kontrolliert worden sein. Hatte nur eine Person ihr Bett nicht gemacht, bestrafte die ORS alle Zimmergenossen – bis zu 15 Leute. Sie wurden für den ganzen Tag «gesperrt» – mussten also in der unterirdischen Zivilschutzanlage bleiben.
Strafe für Verspätung zum Putzdienst
«Die Zimmer müssen immer sauber und aufgeräumt sein, die Decken bezogen und die Betten gemacht. Sollte dies nicht der Fall sein, werden alle Gesuchsteller aus dem Zimmer gesperrt», zitiert die Zeitung aus dem Protokoll einer ORS-Teamsitzung.
Auch wer fünf Minuten zu spät zum Putzdienst aufgetaucht sei, habe mit einer Sperrung rechnen müssen.
Kindernahrung selbst kaufen
Besonders schwer wiegt der Vorwurf, dass Kleinkinder und Babys ungenügend versorgt worden seien. Eltern hätten Kindernahrung wie Brei für ihre Kleinkinder selber kaufen müssen. Im Protokoll heisst es laut «Basler Zeitung»: «Gesuchsteller erhalten Taschengeld, mit diesem können sich die Mütter Nahrung für ihre Kinder kaufen, falls diese nachts Hunger haben.» Das Taschengeld: drei Franken pro Tag und Person.
Auch Babymilch sei rationiert gewesen. Zum Frühstück habe es zwar ein Glas Milch pro Person gegeben. Eltern von Babys durften nach dem Mittagessen offenbar Milch in einer Babyflasche beziehen. Doch mehr gab es gemäss «Basler Zeitung» nicht. Ein ehemaliger Mitarbeiter habe von Eltern erzählt, denen nachts die Milch für ihr schreiendes Kind verweigert worden sei.
Migrationsamt dementiert
Die ORS habe auf Nachfrage an das Staatssekretariat für Migration (SEM) verwiesen. Dieses dementiert sämtliche Vorwürfe. Man habe nur eine Reklamation in Bezug auf das Zentrum in Aesch erhalten und das Gespräch mit der ORS gesucht. «Die vorgebrachten Kritikpunkte wurden zur Kenntnis genommen und wo Bedarf bestand wurden Verbesserungsmassnahmen eingeleitet», so ein SEM-Sprecher.
Zum Vorwurf der mangelnden Ernährung für Babys heisst es beim Migrationsamt des Bundes: «Diese Kritik trifft nicht zu. Kleinkinder haben auf Verlangen und nach Bedarf adäquate Kindernahrung erhalten.»
Nicht zum ersten Mal in der Kritik
Die Methoden der ORS werden nicht zum ersten Mal kritisiert. Ähnliche Vorwürfe wurden schon vor fünf Jahren im Asylzentrum im luzernischen Eigenthal erhoben. Damals liess der Bund auf Druck einer Interpellation im Nationalrat die Vorwürfe extern abklären. Der Schlussbericht kritisierte die ORS unter anderem wegen schikanöser Durchsetzung der Hausordnung, willkürlichen Sanktionen und nicht genügendem Essen. (sf)