Reaktionen auf Handschlag-Zwang in Therwil BL
«Das Problem ist so noch nicht gelöst»

Die Therwiler Sek-Schüler müssen ihrer Lehrerin die Hand schütteln. So will es die Bildungsdirektion des Kanton Basel-Landschaft. Ein Entscheid der gut ankommt – ausser beim Islamischen Zentralrat.
Publiziert: 25.05.2016 um 20:27 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 23:22 Uhr
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Vom Islamischen Zentralrat beraten: Handschlag-Verweigerer N.
Foto: FACEBOOK
Nicole Bruhin

Ob die beiden Sek-Schüler A.* (14) und N.* (15) in Therwil ihrer Lehrerin heute Morgen die Hand gegeben haben, ist unklar. Tatsache ist: sie müssen – sonst drohen Sanktionen. Das hat die Bildungsdirektion des Kanton Basel-Landschaft entschieden

Das Machtwort stösst auf ein positives Echo: «Es ist eine gute Sache, dass dem politischen Islam klare Grenzen gesetzt werden. Hinter den Handschlag-Verweigerern von Therwil steckten Islamisten wie sich gezeigt hat. Mir sind auch andere Fälle bekannt, wo sich solche Extremisten in Schul-Angelegenheiten einzumischen versuchen. Dagegen wurde nun ein klares Zeichen gesetzt – und das ist gut so», sagt Saïda Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen Fortschrittlichen Islam.

Sie fand zuvor deutliche Worte für das Verhalten der Lehrerschaft in Therwil: «Ihren Forderungen nachzugeben, bedeutet, dem politischen Islam Tür und Tor zu öffnen. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir leben hier nicht in Saudi-Arabien!» 

Frauenbild ändert sich wegen Busse nicht

Wenn die beiden weiterhin ihre Hand verweigern, wird es teuer: Die Schule kann den Eltern eine Busse von bis zu 5000 Franken aufbrummen. Dies sogar mehrmals! Ausserdem gebe es Strafen für die Schüler. «Ich glaube, dass die Bestrafung mit Bussen funktioniert», meint Keller-Messahli weiter.

Dem stimmt auch Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerverbandes, zu. Jedoch: «Das Problem ist so noch nicht gelöst», meint Lätzsch. «Nur weil die beiden Buben nun gesetzlich die Hand geben müssen, ändert sich ihre Einstellung gegenüber Frauen noch lange nicht.» Diese neue Handhabung stärke lediglich  der Lehrerschaft den Rücken.

Der Vater der Brüder A.* und N.* arbeitete als Imam bei der König-Faysal-Stiftung. Er befand nur, dass seine Söhne nach islamischem Recht volljährig seien und deshalb selber entscheiden dürften. Laut Islam-Expertin Keller-Messahli vertritt die König Faysal-Stiftung einen «ultrakonservativen sunnitischen Islam aus Saudi-Arabien».

Einbürgerung auf Eis wegen Terrorvideos

N., der ältere der beiden, hatte zudem auf Facebook Videos der Terrormiliz Islamischer Staat geteilt. Das Basler Amt für Migration hat ihn nun wegen Gewaltverherrlichung in den Sozialen Medien verwarnt. Was das für sein im Moment auf Eis gelegten Einbürgerungsgesuch bedeutet, unterliege dem Amtsgeheimnis.

«Damit bin ich zufrieden», sagt SVP-Mann Georges Thüring, Präsident der Petitionskommission, die Einbürgerungsgesuche für den Landrat überprüft. «Dieser Entscheid hat aber klar zu lange gedauert.» Thüring ist auch mit dem Entscheid der Bildungsdirektion zufrieden. «Alles andere wäre inakzeptabel gewesen.»

Nun müsse dies einfach noch durchgesetzt werden. «Bei einer Zuwiderhandlung müssen die Lehrer nun sofort durchgreifen. Und zwar ganz nach dem Motto, wer sich nicht integrieren will, muss raus. Und zwar nicht nur aus dem Schulzimmer», meint Thüringer.

IZRS wettert gegen Entscheid

Kein Verständnis für den Entscheid hat der Islamische Zentralrat (IZRS). «Wertetotalitarismus!», schimpfen die radikalen Muslime um Nicolas Blancho in einer Medienmitteilung. 

DARF NICHT MEHR VERWENDET WERDEN
Foto: REUTERS

Die Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion überschreite «grob ihre Kompetenzen, weswegen die Bussandrohung als nichtig erachtet wird». Der IZRS droht sogar, rechtliche Schritte einzuleiten, falls der Handschlagzwang durchgesetzt wird.

Wie der Unterrichtsbeginn in Therwil heute morgen nun genau ablief und ob die Brüder der Lehrerin die Hand geschüttelt haben, wollte die Schule Therwil auf Anfrage von BLICK nicht kommentieren. Auch nicht, wie die Reaktion der Familie war und ob sie den Entscheid anfechten wollen.

*Namen der Redaktion bekannt.

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