Ein Doppelmord in Basel schockiert am 3. November 2014 die ganze Schweiz. Der heute 23-jährige Raphael M. ersticht Astrid W. (†42) und Erika B. (†76). Den 88-jährigen Kurt W. verletzt er schwer.
Heute stand Raphael M. wegen Mordes in Basel vor Gericht. Ein in sich gekehrter, junger verwirrter Mann. Er spricht wenig und wenn, dann nur leise. Er nuschelt und murmelt vor sich hin, manchmal nickt er nur. Es tue ihm leid, aber er wisse nicht, wieso er die Leute umgebracht habe.
Laut den Ärzten leidet er an einer paranoiden Schizophrenie. Sie soll ihn zu seiner wahnsinnigen Tat getrieben haben.
Wortlos mit dem Steakmesser zugestochen
Der Horror beginnt am Montag, 3. November, um 13.30 Uhr. Raphael M. klingelt an der Tür von Astrid W. am Nasenweg in Basel. Die einzige Verbindung zu ihr ist, dass sie mit seinem Vater einen Waschküchen-Streit hat.
Als die 42-jährige Deutsche die Tür öffnet, rammt er ihr wortlos ein Steakmesser in den Hals. Die Frau schreit und taumelt ins Treppenhaus. Raphael M. verfolgt sie und sticht ihr immer wieder in den Hals und in den Oberkörper - insgesamt 18 Mal.
Dann schleift er die Leiche wieder in die Wohnung. Der Killer wäscht sich das Blut ab und zieht sich um. In einem Papiersack hatte er Ersatzkleider mitgenommen. Das Messer, die blutbefleckten Kleider und die Schuhe lässt er zurück. Er flüchtet barfuss.
Mittlerweile haben Nachbarn, welche die Schreie gehört haben, die Polizei alarmiert. Doch Raphael M. kann vor ihrem Eintreffen flüchten.
Er will sich an einem früheren Jugend-Treffpunkt an der Wildensteinerstrasse verstecken – nur wenige hundert Meter weiter. Um reinzukommen, klingelt er bei einer Nachbarin. Er erzählt ihr, dass er der neue Mieter sei und leiht sich eine Schere.
Im Versteck schneidet er sich die Haare ab, um sein Aussehen zu verändern. Im Keller trifft er auf eine 23-jährige Frau mit ihrem Baby. Er beugt sich über den Kinderwagen und murmelt etwas. Dann lässt er sie in Ruhe.
Nachbarin will helfen und wird getötet
Doch wenig später begegnet er in der Waschküche dem Hausbewohner Kurt W. (88). Er greift den Rentner mit einem Messer an und sticht ihn in den Hals und ins Knie.
W. schreit um Hilfe. Nachbarin Erika B. eilt herbei. Sie solle die Polizei rufen, schreit W. Doch Raphael M. geht sofort auf sie los und sticht auf sie ein. Mit einem Stich trifft er ihre Schlagader beim Schlüsselbein – sie verblutet. Kurt W. überlebt trotz lebensgefährlichen Verletzungen.
Raphael M. flüchtet danach an die Farnsburgerstrasse, wo er mit seiner Mutter und seinem Stiefvater lebt. Kurz darauf umstellt die Polizei nach Hinweisen aus der Bevölkerung das Gebäude. Um 17 Uhr nimmt sie ihn fest. Der Horror hat ein Ende.
Stimmen im Kopf, Kreuze an den Wänden
Seither sitzt Raphael M. in einer psychiatrischen Klinik. Dagegen hatte er sich stets gewehrt. Denn schon früh wurde er auffällig. Mit 16 begann er zu kiffen, hatte Mühe in der Schule und brach danach eine Kochlehre ab. Im Januar 2010 liess er sich nach langem Hin und Her in der Psychiatrie abklären. Diagnose: Schizophrenie. Doch er und seine Mutter wehrten sich gegen die «Psychiatrisierung».
Stattdessen verkroch er sich zu Hause, hatte keine feste Tagestruktur, kiffte und spielte Games. Rund sechs Monate vor der Tat verschlechterte sich sein Zustand zusehends. Er lag nur noch im Bett, hörte Stimmen, führte Selbstgespräche, malte Kreuze auf Blätter und hängte sie in der Wohnung an die Wände.
Der Mutter wurde es zu viel. Vier Monate vor der Tat wollte sie ihn doch in die Klinik einweisen lassen. Es kam zum Streit und Raphael M. flüchtete zu seinem Vater.
Drei Tage vorher kam der Notfallpsychiater
Drei Tage vor der Tat kam es wieder zum Streit. Die Polizei brachte ihn zu seiner Mama, nachdem er sich an der Birs mit Jugendlichen angelegt hatte. Raphael M. rastete aus, schleifte seine Mutter an den Haaren durch die Wohnung, drohte aus dem Fenster zu springen.
Sie rief einen Notfallpsychiater. Doch dieser verzichtete auf eine Zwangseinweisung und zog wieder ab.
Gänzlich schuldunfähig
Nun wird Raphael M. wohl für lange Zeit in der Psychiatrie bleiben. Wegen seiner Schizophrenie gilt er als gänzlich schuldunfähig, laut Gutachten habe er zu keinem Zeitpunkt Einsicht in das Unrecht seiner Taten gehabt. Statt einer Verurteilung fordert die Staatsanwaltschaft deshalb eine sogenannte stationäre Massnahme.
Der Aufenthalt in der geschlossenen Klinik ist auf fünf Jahre begrenzt, kann aber vom Gericht immer wieder verlängert werden. Deshalb wird die Massnahme auch «kleine Verwahrung» genannt.
Das definitive Urteil will das Gericht morgen um 11 Uhr eröffnen. (sas)
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