Er ist erst 15 Jahre alt. Doch in ihm steckt schon gewaltig kriminelle Energie. Ein Jugendlicher klaut einen Mercedes, wird auf der Autobahn von der Grenzwacht entdeckt und verfolgt, verlässt die Autobahn, fährt in ein Wohnquartier in Pratteln BL und donnert dort in ein Haus.
Damit nicht genug: Der Teenager steigt aus dem Auto aus und rennt davon, die Beamten in seinem Nacken. Videos zeigen die Verfolgung in der Siedlung. Schliesslich schnappen die Grenzwächter den Strolch. Bei der Flucht hat sich der 15-Jährige leicht verletzt und wird deshalb ins Spital gebracht.
Mercedes «massiv beschädigt»
Zu Schaden kam auch das Fahrzeug. Und zwar böse. Der «massiv beschädigte» Mercedes habe abgeschleppt werden müssen, wie die Baselbieter Polizei mitteilt.
Besitzer der Karosse ist Marco L.* (50) aus Roggwil BE. Er ist Geschäftsführer der Garage Lifestyle Cars im gleichen Ort. Dort sei auch das Auto geklaut worden, wie er Blick erzählt. Es handle sich um einen Mercedes C 220 Kombi 4 Matic mit Jahrgang 2019. Neupreis des Fahrzeugs: 71'500 CHF. Besagter Mercedes fungiert bei Lifestyle Cars als Ersatzwagen für die Kundschaft.
Passiert sei der Diebstahl zwischen Mittwochabend und Donnerstagmorgen. Marco L. erzählt: «Am Mittwoch verliess der letzte Mitarbeiter um 19 Uhr das Geschäft. Da war das Auto noch auf dem Parkplatz vor der Garage. Erst am Donnerstagmorgen bemerkten wir den Diebstahl – das Auto war weg.»
«Zwei Jugendliche lungerten vor der Garage herum»
Sein Mitarbeiter habe ihm dann von einer Beobachtung erzählt, die er an besagtem Mittwochabend gemacht habe, sagt der Chef. «Er habe zwei unbekannte Jugendliche gesehen, die auf dem Parkplatz vor der Garage herumlungerten. Diese Jugendlichen müssen wohl zwischen 18 und 19 Uhr den Schlüssel des Mercedes aus dem Schlüsselkasten gestohlen haben.»
Denn gleich zuvor sei der Mercedes von einem Kunden zurückgebracht worden. «Beschädigt haben die Jugendlichen nichts, der Schlüsselkasten war nicht abgeschlossen.»
Die Vermutung des Geschäftsführers: «Sie warteten wohl, bis der letzte Mitarbeiter weg war, stiegen ins Auto und fuhren los.»
Geklauter Mercedes bei Tankstelle gesichtet
Die Berner Kantonspolizei sagt auf Blick-Anfrage, dass sie Kenntnis von einem Autodiebstahl bei einem Unternehmen in Roggwil in der Zeit zwischen Mittwochabend und Donnerstagmorgen habe. «Gemeldet wurde uns der Diebstahl am Donnerstagmorgen», so Sprecher Joël Regli.
Ebenfalls am Donnerstag kriegt Marco L. einen Anruf – und zwar von einer Tankstelle in Gerlafingen SO. «Der Mitarbeiter am Telefon sagte mir, dass mein Auto soeben bei ihnen vollgetankt worden sei – bezahlt worden sei aber nicht!»
«Einige Hundert Kilometer zurückgelegt»
Marco L. merkt an, dass das Auto vollgetankt gewesen sei, als es bei ihm in der Garage gestohlen worden sei. «Es müssen also bis zum Tanken in Gerlafingen einige Hundert Kilometer zurückgelegt worden sein.»
Die Solothurner Polizei sagt am Freitag zu Blick, dass sie keine Auskunft erteilen könne, da es sich um ein laufendes Verfahren handle und der Kanton Solothurn nicht zuständig sei. Sie verweist auf den gesetzlichen Gerichtsstand.
Ebenfalls am Freitag wird Marco L. von der Baselbieter Polizei kontaktiert. «Sie sagten mir, dass ich mein Auto in Pratteln beim Abschleppunternehmen abholen könne. Es sei jedoch nicht mehr fahrbar.» Skurril: Von der Verfolgungsjagd und der Festnahme im Wohnquartier erfährt der Garagenchef erst durch Blick!
Asche und Red-Bull-Dosen im Auto
Sein Auto ist nicht nur stark beschädigt – im Innern wurden auch Freveltaten begangen. «Das Auto ist voller Asche, während der Strolchenfahrt wurde ordentlich gequalmt», sagt Marco L. genervt. «Dazu seien auch Red-Bull-Dosen am Boden herumgelegen, erzählte mir die Polizei.»
Unklar bleibt, wann sich der zweite Jugendliche verabschiedete. Vielleicht setzte er sich nach dem Diebstahl erst gar nie in den Mercedes. Ersten Erkenntnissen zufolge sei der Fahrzeuglenker allein mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen, also er von der Grenzwacht gesichtet worden sei, sagt die Baselbieter Polizei.
* Name bekannt