Vom Lehrling zum Millionenbetrüger. Am Montag muss sich Patrick T.* (50) vor dem Strafgericht in Basel verantworten. Der Ex-Roche-Mitarbeiter und sein Komplize Bao P.* (58) haben das Pharmaunternehmen um satte zehn Millionen Franken betrogen.
Die Anklage lautet auf gewerbsmässigen Betrug, mehrfache Urkundenfälschung und gewerbsmässige Geldwäscherei. Der Schwindel flog bereits 2017 auf. Beide Männer haben den Betrug gestanden. Nun wird ihnen am Strafgericht Basel der Prozess gemacht.
Dabei hatte der 50-Jährige bei Roche eine Bilderbuchkarriere hingelegt. 1987 begann er seine Lehre bei Roche in der Abteilung Produktion Pharma. Über die Jahre arbeitete sich er sich nach oben – bis zum Meister. Und 2016 wurde er schliesslich Category Manager und Einkaufsexperte in der Abteilung Beschaffung für das Pharmaunternehmen. Und bekam monatlich 11'000 Franken.
Er fälschte Rechnungen, sein Kollege verteilte das Geld
Alles lief gut für den gebürtigen Ostschweizer. 2016 lernte er dann über seine Frau den weltweit vernetzten Geschäftsmann Bao P. kennen. Ein Franzose, der laut Anklageschrift «teilweise in dubiose Geschäfte» verwickelt war.
Der 58-Jährige und die Frau des Baslers kannten sich aus einer gemeinsamen Zeit in Brasilien. Die beiden Männer kamen ins Gespräch und waren sich bald einig, Roche zu betrügen.
Während der Roche-Zögling genau wusste, wie man dem Pharmaunternehmen falsche Rechnungen unterjubeln konnte, war der Franzose dafür zuständig, das Geld auf mehrere Konten zu verteilen. Das Duo war perfekt aufeinander abgestimmt. Roche auszunehmen, wurde eine Art Beruf für sie, heisst es in der Anklageschrift.
Roche-Kohle wurde für «kostspieligen Lebenswandel» genutzt
Die Masche: Über ein Firmennetzwerk in Singapur wurden Roche angebliche Transporte für Medikamente im Biotech-Bereich in Rechnung gestellt. Der Clou: Das Pharmaunternehmen hatte tatsächlich Medikamente von Singapur oder Südkorea nach Basel bestellt. Daher schöpfte anfangs niemand Verdacht. Und warum auch: Schliesslich sah alles auf den ersten Blick korrekt aus. Zwischen Januar und August 2017 konnte das Betrügerduo dem Unternehmen so 86 gefälschte Rechnungen unterjubeln. Der Schaden für Roche: 10'071'853 Franken.
Der Franzose steckte das Geld in andere geschäftliche Projekte und finanzierte sich und seiner Familie einen «kostspieligen Lebenswandel». Der Schweizer hingegen liess sich umgerechnet rund 1,5 Millionen Franken auf eine von ihm gegründete GmbH in Basel überweisen. Und liess es sich damit gut gehen. Er gab rund 700'000 Franken aus. Ferien, Kreditkarten-Abrechnungen und Mobiliar.
Patrick T. ist wieder auf freiem Fuss
Eigentlich wollten die Männer noch mehr abzwacken. Weitere 66 gefälschte Rechnungen, mit einem Betrag von 6,7 Millionen Franken, wurden aber nicht bezahlt. Im Herbst 2017 flog der Schwindel auf. Wie genau, ist unklar. Dieser Teil fehlt in der Anklageschrift.
Im Mai 2018 wurde Patrick T. fristlos entlassen. Er kam zuerst in Untersuchungshaft und danach in den vorzeitigen Strafvollzug. Bis Februar 2020 sass er im Knast und ist jetzt wieder frei. Denn: Die Staatsanwaltschaft fordert für die Roche-Abzocke eine Freiheitsstrafe von 39 Monaten.
Sein Kollege soll für 51 Monate ins Gefängnis. Er sitzt zurzeit im Basler Gefängnis Bässlergut. Zudem werden zehn Jahre Landesverweis gefordert.
Das abgezwackte Geld sollen sie natürlich ersetzen. Die vollen zehn Millionen Franken – plus fünf Prozent Zinsen.
* Namen geändert