Migros knallhart
Gefeuert wegen Sandwich

Die Migros entlässt eine junge Verkäuferin fristlos – sie ass während der Arbeit ein Sandwich. Das sei Mundraub, sagt Migros.
Publiziert: 14.03.2010 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:22 Uhr
Von Walter Hauser
Am 4. Februar 2010 um 9.30 Uhr in der Migros-Filiale «Stücki» in Basel: Die 20-jährige Lebensmittel-Verkäuferin Monika R.* hat einen Hungerast. Sie nimmt sich ein Frikadellen-Sandwich aus dem Regal und isst es. Zehn Minuten später holt sie in ihrem Personalkästli das Portemonnaie und bezahlt an der Kasse. Tags darauf zitiert die Personalabteilung Monika R. zum Hauptsitz der Basler Migros-Genossenschaft. Dort teilt ihr der Personalleiter mit: «Sie sind fristlos entlassen.» Die Begründung: Sie habe während der Arbeit ein Sandwich verzehrt, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlt gewesen sei. Somit handle es sich um «Mundraub», einen geringfügigen Diebstahl, der gemäss Hausordnung die fristlose Kündigung zur Folge habe.


Die junge Frau liess den Rausschmiss durch ihren Anwalt Stefan Suter anfechten. Nun liegt der Fall beim Arbeitsgericht des Kantons Basel-Stadt. «Skandalös, wie ein vermeintlich sozialer Arbeitgeber wie die Migros mit dem Personal umspringt», so Suter, der den Financier Werner K. Rey, die Pilotengewerkschaft Swisspilots und Bischof Kurt Koch zu seinen Klienten zählt.


Dieter F. Wullschleger, Kommunikationsbeauftragter der Migros Basel, verteidigt das Vorgehen: «Diebstahl in jeglicher Form und unabhängig vom Wert wird in der Migros mit fristloser Kündigung geahndet. Das ist allen Mitarbeitenden bekannt. Die Frau hat diese für alle geltenden Regeln leider gebrochen.»

In der Hausordnung schreibt Migros den Angestellten genau vor, unter welchen Bedingungen sie essen und trinken dürfen:

  • Esswaren und Getränke sind vor dem Verzehr zu bezahlen, die Quittung vom Kassenpersonal zu visieren.

  • Der Einkauf darf nur in der Kantine gegessen werden.

  • Zum Essen ausstempeln und eine Pause einziehen.

Für Robert Schwarzer von der Gewerkschaft Unia ist der Rauswurf unverhältnismässig: «Er zeigt die Sklavenhaltermentalität des Grossverteilers.» Er fordert die Anpassung der Hausordnung an Recht und Gesetz.

Entlassungen wie jene von Monika R. häufen sich laut Gewerkschafter Schwarzer. Oft seien sie nur ein Vorwand, um Personalkosten zu sparen. Dies bestreitet die Migros.

Thomas Geiser (57), Professor für Arbeitsrecht an der Uni St. Gallen, hält die fristlose Kündigung für unzulässig, selbst wenn die Frau einen Monat zuvor wegen unzureichender Arbeitsleistung verwarnt worden sei. «Ein einmaliger Diebstahl ist kein Grund für eine fristlose Entlassung», so Geiser.
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