In Jeans und mit blau-weiss-schwarz kariertem Kurzarmhemd betritt der gelernte Gipser Kadir B.* (54) heute früh den Gerichtssaal. Der Mazedonier steht wegen gewerbsmässigen Betrugs, der Beschäftigung und Beherbergung von Ausländern ohne Arbeitsbewilligung sowie eines Verstosses gegen das Strassenverkehrsgesetz vor dem Strafgericht Basel-Stadt.
In den sozialen Medien markiert der Angeklagte gerne den Macker: protzt mit einem weissen BMW X6, gibt sich erfolgreich. Alles Fassade. Anonyme Meldungen liessen die Scheinwelt auffliegen. Denn in Wahrheit hat B. vier Jahre lang von der Sozialhilfe gelebt, dabei knapp eine Viertelmillion Franken (konkret: 246'726 Franken) vom Basler Sozialamt bezogen. Der Vorwurf dabei: mindestens 159'202 Franken zu Unrecht. Tatsächlich hätte er nämlich nur Anspruch auf 87'524 Franken gehabt.
Sozialhilfe kassiert – und trotzdem gearbeitet
Laut Staatsanwalt hat B. – während er Sozialhilfe bezog – diverse Fremdarbeiten für ein Gipsergeschäft im Luzernischen ausgeführt. Bezahlt wurde er bar auf die Hand. Im Raum stehen insgesamt 170'226 Franken. Nur: Die Einnahmen hat er nie gemeldet. Stattdessen kassierte er lieber doppelt ab.
B. hat nicht nur «durch Verschweigen seiner Arbeitstätigkeit» das Sozialamt getäuscht, sondern auch «wissentlich falsche Angaben zu seiner Einkommenssituation gemacht», so die Anklage. Vor Gericht gibt sich Kadir B. (seit 2018 Inhaber eines Basler Bauunternehmens) hingegen mittellos, psychisch angeschlagen und wegen Kniebeschwerden arbeitsunfähig. Die Geschäfte liefen «schlecht». Der sechsfache Vater sei deswegen auf finanzielle Hilfe von Freunden und Familie angewiesen.
Sozialhilfebetrüger kassiert bedingte Haftstrafe von einem Jahr
Vor dem Richter bestreitet der Gipser, von der Luzerner Firma besagte Lohnzahlungen erhalten zu haben, und behauptet, die angeblich nicht stattgefundenen Barzahlungen aus reiner Gefälligkeit quittiert zu haben. So verstrickt sich der Mazedonier bei der Befragung immer mehr in Widersprüche. Einzig seine rasante Fahrt über die A3 mit 140 km/h statt der erlaubten 100 km/h gibt er offen zu.
Als «kaltblütig und unverfroren» beschreibt der Staatsanwalt Kadir B. – er fordert eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten – ausgesetzt auf zwei Jahre Probezeit. Der Verteidiger von Kadir B. will hingegen einen Freispruch. Und plädiert im Falle eines Urteils auf lediglich acht Monate unbedingte Freiheitsstrafe mit einer Probezeit von zwei Jahren.
Das Gericht zeigt keine Milde und spricht den Gipser in allen Anklagepunkten für schuldig. Kadir B. kassiert wegen Sozialhilfebetrug eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr mit zwei Jahren Probezeit. Für die anderen Delikte wird B. zu einer bedingten Geldstrafe von 75 Tagessätzen à 30 Franken mit zwei Jahren Probezeit verurteilt.
* Name geändert