Eine schmale Passstrasse schlängelt sich über einen Hügel. Der Blick fällt auf das kleine Dorf in der Senke, auf die zusammenstehenden Häuschen von Oltingen BL. Auf den Wiesen grasen Kühe.
Hier wählten 38,4 Prozent der an die Urne gegangenen Wähler alles andere als bürgerlich – wie man das in einer ländlichen Gemeinde sonst erwarten würde. Rund 80 Oltinger entschieden sich für die Grüne Partei. Damit ist das 480-Seelen-Dorf die grünste Schweizer Gemeinde.
Warum? Im Dorf sprechen alle von den Zuzügern, die so grün wählen würden – auch wenn sie schon zehn, zwanzig Jahre im Dorf leben. Es hat sich ein regelrecht grünes Quartier entwickelt – mit Himalaya-Fähnchen in den Gärten und Regenbögen an den Wänden.
Yogalehrer und Hare Krishnas
In einem der Minergiehäuser mit Anti-Atomkraft-Flagge wohnt Michael Seidel (51). Seit Jahren wähle er die Partei. «Dass wir Oltinger die Grünsten der Schweiz sind, macht mich stolz.» Neuzuzüger, darunter Yogalehrer oder Hare Krishnas, würden hier die Nähe zur Natur suchen.
«Oltingen war schon immer dafür bekannt, sehr offen zu sein», sagt Karin Oetterli (49). «Vielleicht, weil es ein Pass-Dorf ist.» Schon in den 80ern sei Oltingen bekannt für seine WGs gewesen. «Hierher kamen Leute mit progressiven Ideen. Und sie arrangierten sich mit den Alteingesessenen.» Auch sie und ihr Mann zogen nach Oltingen und bauten ein Strohhaus. «Und wir wurden von Anfang an akzeptiert.»
«Ich bin der Hans – wer bist du?»
Dieselbe Erfahrung hat Grünen-Wählerin Jasmin Stillhard (38) gemacht. Vor fünf Jahren kam sie nach Oltingen. «Als ich neu hier war, kam mir auf der Strasse ein Bauer entgegen und meinte: ‹Hoi, ich bin der Hans, wer bist du?› So ist das hier in Oltingen: Jeder gehört sofort dazu.» Zudem habe sie die Grünen gewählt, weil Nachbarin Florence Brenzikofer für diese Partei politisiere.
Florence Brenzikofer (44) – der Name fällt in Oltingen oft. Die Landrätin würde im November in den Nationalrat nachrücken, sollte Parteikollegin Maya Graf den Ständeratssitz holen. Wegen Brenzikofer gingen viele Oltinger an die Urne. «Man kennt mich halt im Dorf», sagt sie. «Ich rede mit den Leuten im Bus oder im Dorfladen.» Man könne hier auch mit Andersdenkenden gut diskutieren.
Bürgerliche Wähler wenig erfreut
Andersdenkend ist etwa Ursi Meili (64): Sie wählt bürgerlich. «Dass wir so grün sind, macht mich alles andere als stolz. Viele Anliegen der Grünen sind übertrieben und heuchlerisch.» Aber: «Man muss nicht mit allem einverstanden sein, dennoch gehören die grünen Wähler dazu. Wir sind ein Dorf.»
Die links-grünen Wähler engagieren sich sehr im Dorf, erzählt Gemeindepräsi Stefan Eschbach (42). «Es gibt den Verein Solaroltingen, der auf einem Scheunendach eine Fotovoltaik-Anlage realisierte. Und einen linken Kulturverein. Das Dorfleben profitiert davon.» Auch dass man in Oltingen mitten in der Natur lebe, sei wohl ein Faktor für die Wahlergebnisse: «Wir lieben alle unser Dorf und wollen, dass es so schön bleibt. So überschneiden sich die Anliegen der Bürgerlichen und Grünen in lokalpolitischen Themen.»
Bei aller Harmonie: Es gibt auch Einwohner, die sich nur anonym äussern. Sie nennen die Grünen «das Pack im Dorf», das noch «weiteres solches Pack» anziehe. «Wenn wir Einheimische im Ochsen zusammensitzen, sprechen wir nicht mit denen, wenn sie am Nebentisch sitzen. Die mit ihren utopischen Ideen und ihrer Doppelmoral», schimpft ein geborener Oltinger. «Wir Büezer kümmern uns auch um die Natur – aber mit harter Arbeit im Wald oder auf dem Land.»
Oltingen hat 480 Einwohner, aber nur 366 Stimmberechtigte. Bei den National- und Ständeratswahlen vom Wochenende sind 214 Wahlzettel eingegangen. 38,4 Prozent davon wären 82,2 Personen, die die Grünen gewählt haben.
Doch die Rechnung ist noch nicht ganz fertig, weil mit Listen abgestimmt wird, auf denen auch noch panaschiert und kumuliert werden kann. Bei 7 Nationalratssitzen gingen 556 Stimmen an die Grünen. Das sind dann 79,42 Personen, die eine vollständige Grünen-Liste eingeworfen haben.
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Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.
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