Es ist ein lauer Sommerabend im Juni als Antonella B. mit ihrem Velo durch den Karlsruher Schlosspark fährt. Die 25-Jährige kommt aus Trient in Italien, ist erst vor einigen Monaten nach Deutschland gezogen. Hier arbeitet sie in einer Gelateria. An jenem Abend fragt sie einen Fremden im Park nach «Cavallo» – sie will zu den Pferden. Paul P. zeigt ihr den Weg.
Die junge Italienerin gefällt ihm. Er folgt ihr, fasst ihr von hinten an die Brust, reisst sie vom Velo. Er schleift sie ins Dickicht, fesselt sie mit Kordeln und würgt sie. Er treibt ihr einen Holzstock in den Hals, rammt ihn ihr mit einem Stein immer tiefer in den Rachen. Das Opfer wehrt sich mit Leibeskräften, doch sie hat keine Chance. Im Wildpark-Stadion neben dem Park findet ein Konzert von Tina Turner statt. Niemand hört Antonellas Schreie.
«Ich will, dass ich bestraft werde»
Der grausame Mord ist vor 28 Jahren passiert. 28 Jahre lang fehlte vom Täter jede Spur. Im Februar dieses Jahres stellte sich der heute 48-jährige Paul P. selber auf einem Polizeiposten in Basel. Dorthin setzte er sich nur Tage nach der Tat ab.
Seit gestern steht er vor dem Landgericht Karlsruhe. «Es sind immer die gleichen Bilder. Ich kriege sie nicht mehr aus dem Kopf. Sie kommen fast jede Nacht. Ich will, dass das aufhört, dass ich bestraft werden», zitiert die «bz Basel» aus seiner Aussage.
Er könne sich an nichts mehr erinnern, nur noch an den Moment, als er Antonella B. den Pflock in den Hals rammte. «Ich bin ein Mörder. Ich habe mich nicht mehr wiedererkannt. Ich hatte Angst vor mir selbst», sagt Paul P. gestern. Er sei «spitz» gewesen damals. «Sie gefiel mir, ich wollte sie haben, um jeden Preis.»
Warum gestand er nach so langer Zeit seine Tat plötzlich? «Er sagte uns, dass er es nicht mehr ausgehalten habe und sich offenbaren wolle», sagte ein Polizeisprecher im März der «Badischen Zeitung».
Bestrafung nach Jugendstrafrecht?
Paul P. sei als Zweijähriger mit seinen Eltern von Deutschland nach Basel gezogen und hat dort einen Grossteil seines Lebens verbracht. Seine Familie war später offenbar zerrüttet, er sei von seinem Stiefvater geschlagen worden, sei lange in Jugendeinrichtungen therapiert worden. Eine Ausbildung habe er nie abgeschlossen. Laut «bz Basel» hat er in der Schweiz Steuerschulden im fünfstelligen Bereich. In Basel habe er mittlerweile eine Freundin.
Die Anklage lautet auf Mord. Das Urteil könnte bereits am 16. Oktober fallen. Weil er 1987 erst 20 Jahre alt war, muss das Gericht jetzt prüfen, ob für seine Bestrafung noch das Jugendstrafrecht greift. (lex)