Flugshows nach Todes-Drama in der Kritik
«Die dicht besiedelte Schweiz braucht das nicht»

Nach dem tragischen Flug-Unfall in Dittingen BL werden kritische Stimmen laut. Braucht es solche Flugshows überhaupt?
Publiziert: 24.08.2015 um 16:40 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:24 Uhr
:Dittinger Anwohnerin: «Pilot ist verwirrt herumgelaufen»
Von Kathia Baltisberger und Christian Bischoff

Zu Flugshows, wie der Air 14 der Schweizer Luftwaffe im vergangenen Jahr, pilgern jeweils Tausende Aviatik-Fans. Auch gestern in Dittingen war das Interesse gross, der Event mit 10'000 Zuschauern gut besucht. Doch die traditionsreiche Baselbieter Flugshow nahm ein tragisches Ende. Zwei Maschinen krachten ineinander und stürzten ab. Einer der beiden Piloten kam dabei ums Leben. In England starben dieses Wochenende bei einem Flugshow-Unglück über 20 Menschen.

Nach solch tragischen Vorfällen werden immer kritische Stimmen laut. Braucht es Anlässe, bei denen immer wieder Menschen ihr Leben lassen? Nur, damit der Mensch gut unterhalten ist? Nein, findet der Grüne Luzerner Stadtrat Adrian Borgula. «Natürlich gefallen die Shows vielen Leuten. Aber in der Schweiz, die so dicht besiedelt ist, braucht es das nicht.»

Am Luzerner Fest 2014 hätte die Patrouille Suisse fliegen sollen. Doch die Luzerner Stadtregierung entschied sich gegen eine Darbietung. Sowohl der Lärm als auch das Risiko solcher Flugshows spreche dagegen. «Natürlich ist das Risiko, dass etwas passiert, gering. Aber wenn etwas passiert, ist die Gefahr gross, dass Menschen betroffen sind», sagt Borgula.

«Natürlich braucht es Flugshows»

Doch längst nicht jeder ist dieser Meinung. «Natürlich braucht es Flugshows. Die Aviatik ist faszinierend. Es ist permanent Interesse bei der Bevölkerung da. Und wenn das Interesse da ist, dann braucht es solche Shows. Das ist ein Teil unserer Gesellschaft», sagt Walter Heller, Fluglehrer und Starflight-Präsident.

Ein Problem in der Sicherheit dieser Veranstaltungen sieht Heller nicht. «Die Sicherheit ist zu 100 Prozent gegeben. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt schaut extrem darauf, dass Unbeteiligten nicht gefährdet sind. Und die zu erfüllenden Auflagen sind sehr streng», sagt Heller. «Die Wahrscheinlichkeit, dass dennoch etwas passiert, ist so klein. Damit rechnet keiner.»

Auch beim Swiss Hunter Team hat die Sicherheit oberste Priorität. «Wir tun seit über 20 Jahren alles Menschenmögliche, um Unfälle zu vermeiden. Wir verlangen von den Piloten mindestens zehn Flüge pro Jahr, einmal im Jahr gibts dann einen Check-Flug mit einem Bazl-Experten», sagt Pilot Paul Ruppeiner, der beim Swiss Hunter Team für den Flugbetrieb zuständig ist. Er wird diese Woche am Hunter-Fest das historische Armeeflugzeug vorführen.

«So sieht der Bürger, wofür er Steuern zahlt»

Im Gegensatz zu Heller findet Ruppeiner die Flugshows kein Muss. «Wir wollen die Flugzeuge natürlich schon so oft wie möglich zeigen, doch sie bedeuten auch einen grossen Aufwand. Wir kriegen dafür kein Geld, bekommen höchstens den Most bezahlt. Die Flugshows sind aber ein Anreiz, um zu zeigen, wie man auf höchstem Level Fliegen kann.»

Jürg Nussbaum, Chef Kommunikation Luftwaffe, hält die Flugshows für notwendig. «Für die Luftwaffe sind Flugshows wichtig, um zu zeigen, mit welchen Mitteln sie für Sicherheit im Schweizer Luftraum sorgt: mit dem Können der Piloten und der Leistungsfähigkeit der Flugzeuge. So sieht der Bürger, für was er Steuern zahlt.»

Der Crash von gestern ist bereits der dritte Zwischenfall bei den Dittinger Flugtagen. Ob die Veranstaltung auch in Zukunft noch durchgeführt wird, muss jetzt erst geklärt werden.

Fehler gefunden? Jetzt melden