Flüchtlingsfamilie findet neues Zuhause
«Wir standen vor dem Schloss und staunten»

Die syrische Flüchtlingsfamilie Chahout hat beim Basler Bischof Felix Gmür ein neues Zuhause gefunden. BLICK hat die Familie auf Schloss Steinbrugg besucht.
Publiziert: 27.12.2015 um 11:09 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:29 Uhr
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Haithm Chahout, seine Frau Kansaa und Sohn Mouhammad haben dank Bischof Felix Gmür Unterkunft auf Schloss Steinbrugg gefunden.
Foto: Peter Mosimann
Von Cyrill Pinto

Hier sitzen sie, endlich in Sicherheit. «Wir sind sehr dankbar – alle Leute sind so herzlich zu uns», sagt Haithm Chahout (54). Vor vier Monaten flüchtete er mit seiner Frau Kansaa (45) und Sohn Mouhammad (10) aus Syrien in die Schweiz. Zuflucht fanden sie im Solothurner Schloss Steinbrugg, dem Pastoralsitz der Diözese Basel.

Als im Spätsommer die Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt erreichte und täglich Tausende Flüchtlinge in Mitteleuropa eintrafen, rief Papst Franziskus (79) alle Bistümer dazu auf, Räume für die Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Der Basler Bischof Felix Gmür (49) folgte dem Aufruf: Er kündigte die Aufnahme von zwölf Flüchtlingen an. Im Oktober war es so weit: Fünf Frauen aus Eritrea mit ihren Kindern und die Familie Chahout aus Syrien bezogen im Schloss einen Seitentrakt. SonntagsBlick besuchte die syrische Familie über Weihnachten in ihrer kleinen Einzimmerwohnung.

Familienvater Chahout erinnert sich genau an den Tag des Einzugs: «Wir standen vor dem Schloss und staunten: ‹Was, hier sollen wir leben?›». Ein etwa 30 Quadratmeter grosses Zimmer mit Bad bewohnt die Familie. Drei Betten, unter dem Fenster ein kleines Sofa. Die kleine Küchenzeile in der Ecke ist nicht abgetrennt. Am Küchentisch haben knapp vier Leute Platz. Doch der Familie genügt das völlig: «Hier haben wir unseren Frieden – wir könnten nicht glücklicher sein», sagt Vater Haithm Chahout.

Verglichen mit dem, was die Familie vor ihrer Flucht erlebte, fühlt sie sich in der Schweiz wie im Paradies: In der syrischen Küstenstadt Latakia arbeitete Vater Haithm Chahout im Coiffeursalon seiner Schwiegermutter. Dann kam der Krieg. «Die letzten Monate waren fürchterlich. Es fielen Bomben. Überall gab es Strassensperren. Den Soldaten musste man viel Geld zahlen, um heil durch die Checkpoints zu kommen.» Wer kein Geld zum Bestechen hatte, erlebte die Hölle: Erschiessungen und Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung. «Kinder wurden entführt, um Lösegeld zu erpressen», berichtet Chahout. Seinen Sohn Mouhammad begleitete er deshalb zuletzt täglich auf dem Weg zur Schule.

Im Sommer entschied sich die Familie zur Flucht: Über den Libanon gelangte sie in die Türkei. Von dort ging es mit Hilfe von Schleppern nach Griechenland. Dann über die Balkanroute nach Ungarn, Österreich, Deutschland in die Schweiz. «17 Tage lang sind wir nur gelaufen – immer in der Nacht, damit uns die Grenzer nicht erwischten», berichtet Vater Chahout. Ihr Ziel: Zürich. Hier wohnt Chahouts Schwester mit ihrer Familie. Dort angekommen, stellte die Familie ihren Asylantrag. Nach ein paar Tagen im Empfangszentrum Kreuzlingen TG kam die Familie ins Durchgangszentrum Fridau bei Egerkingen SO. «Zwei Monate waren wir dort untergebracht», erinnert sich Chahout.

Inzwischen steht in ihren Ausweisen als Wohnadresse «c/o Bischöfliches Ordinariat». Das Schloss aus dem 17. Jahrhundert diente früher als Priesterseminar. Eine grosse Parkanlage umschliesst das Patrizier-Verwaltungsgebäude, in dem auch Bischofssprecher Hansruedi Huber sein Büro hat. «Wir mussten etwas zusammenrücken, um Räume für die Flüchtlinge freizubekommen», sagt er. Doch das sei nicht der Rede wert, «verglichen mit dem, was diese Menschen durchmachen mussten».

Inzwischen hat sich die Familie Chahout eingelebt. Nachbarn helfen im Alltag, die Sozialen Dienste der Stadt Solothurn kommen regelmässig vorbei. Mouhammad besucht die Schule und spricht ein paar Wörter Deutsch. «Er ist ein guter Schüler», sagt Vater Haithm Chahout stolz. Für ihn geht es im Januar mit dem Deutschunterricht los. «Die Sozialbehörden der Stadt kümmern sich sehr gut – sie unterstützen uns, wo sie können», sagt Chahout. «Wir sind sehr dankbar, für das, was die Schweiz für uns getan hat und immer noch tut.»

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