Am Sonntagabend gegen 21 Uhr rüttelt es im Intercity der Deutschen Bahn: Die Lok und der erste Wagen springen zwischen dem Badischen Bahnhof und Basel SBB aus den Schienen. BLICK-Leser René Djocaj sitzt im Wagen und erlebt das Unglück hautnah mit. «Plötzlich begann der Zug zu rütteln, Gepäckstücke fielen zu Boden», sagt er zu BLICK.
«Ich fürchtete um mein Leben», sagt der 19-Jährige, der in Oftringen AG wohnt. Während sich andere auf den Boden legen und sich die Köpfe bedecken, stehen er und sein Sitznachbar auf und rennen in Richtung Lok. Der Mitfahrer betätigt die Notbremse. «Der Zug hielt nicht an, also schlug ich in Panik eine Scheibe ein und drückte auf einen roten Knopf», sagt Djocaj. Dabei erwischt er eine Taste, die eigentlich dazu da ist, im Notfall die Aussentür des Zuges von innen zu öffnen.
Seiner Wahrnehmung nach hat es 20 bis 30 Sekunden geschüttelt, bevor der Zug zum Stillstand kam. «Es schien, als habe es der Lokführer erst gar nicht bemerkt.»
War eine Weiche schuld?
Ein Augenschein am Tag nach dem Unfall zeigt: Die Lok und der Rest des Zuges befinden sich auf zwei verschiedenen Gleisen – verbunden durch den ersten Passagierwagen, der quer liegt. Der ICE hat also allem Anschein nach das Gleis gewechselt. Rund 800 Meter zurück liegt eine Weiche, wo das Unglück wohl seinen Ursprung genommen hat.
Bei der Aktion verletzt sich der BLICK-Leser an der Hand. «Es hat geblutet und möglicherweise ist meine Hand verstaucht». Das hiess es bei einer ambulante Behandlung nach dem Unglück in Basel. Heute kam bei einem Termin beim Hausarzt heraus: Bei der Entgleisung wurde auch ein Halswirbel verletzt!
Notbremse stoppt den Zug nicht direkt
Hat Djocajs Mitfahrer mit der Betätigung der Notbremse den Zug zum Stehen gebracht? Wohl nicht direkt. Alle ICE-Züge sind mit einer sogenannten Notbremsüberbrückung ausgestattet: Das heisst, wenn die Notbremse getätigt wird, erhält der Lokführer ein Signal und hält in der Regel sofort an. Er kann aber den Stopp in bestimmten Situationen hinauszögern, zum Beispiel, wenn der Zug auf einer Brücke oder in einem Tunnel ist.
Falls der Lokführer die sich anbahnende Entgleisung zunächst tatsächlich nicht bemerkt hat, könnte er durch die Notbremse darauf aufmerksam geworden sein. Wie sich das ganze zugetragen hat, können aber zurzeit weder die SBB noch die Deutsche Bahn sagen. Beide verweisen an die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust), die für die Ermittlungen zum Unfallhergang zuständig ist. Diese gibt so kurz nach dem Vorfall noch keine Ergebnisse bekannt.
Es geschah beim Passieren einer Weiche
Der Schock sitzt René Djocaj noch in den Knochen. «Ich hatte eine ziemlich unruhige Nacht», sagt er. «Aber ich bin echt froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist».
Die Passagiere entgleisten Zuges hatten viel Glück: Jener Wagen, der quer zwischen zwei Schienenpaaren hing, kam rund zwanzig Meter vor einer Trennmauer zum Stillstand. Die Unfallursache ist noch unklar.
Das Malheur passierte, als der ICE aus Berlin in Richtung Interlaken den Badischen Bahnhof in Basel verlassen hatte: Nach einer Weiche auf der Höhe der Breite-Strassenkreuzung fuhr die Lok auf dem rechten von zwei Gleisen, der Rest des Zuges aber auf dem linken.
ICE kam kurz vor Mauer zum Stehen
Der erste Wagen hing dabei quer zwischen den Geleisen und wurde so noch gut achthundert Meter mitgeschleift. Die Lok erreichte gerade den Tunnel zwischen dem offenen Abschnitt nach der Rheinbrücke und dem Bahnhof SBB, als sie zum Stillstand kam.
Rund zwanzig Meter weiter im Tunnel werden die beiden Gleise durch eine Betonwand getrennt. SBB-Einsatzleiter Martin Spichale sprach am Montag vor Ort vor den Medien von «Glück im Unglück, dass nicht mehr passiert ist».
Rund 240 Fahrgäste waren zum Unfallzeitpunkt gemäss der DB an Bord des Zuges. Diese wurden laut Spichale geordnet aus dem havarierten Zug evakuiert und mittels eines Ersatzzuges zum Bahnhof SBB gebracht. Von Verletzten ist nichts bekannt. Laut der Basler Polizei ging eine evakuierte Person im Bahnhof zur Abklärung zur Sanität. (rey/bot/SDA)
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