Sogar beim Sozialamt ist man bestürzt
Rüpel-Verwaltung setzt Mutter mit drei Kindern auf die Strasse

Unglaublich: In Münchenstein BL wird eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern auf die Strasse gestellt, weil sich die Liegenschaftsverwaltung mit dem Sozialamt um Nebenkosten zoffte.
Publiziert: 07.07.2018 um 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 16:08 Uhr
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Ausgesperrt! Die dreifache, alleinerziehende Mutter Antonella Grossi (42) darf ihre Wohnung in Münchenstein BL nicht mehr betreten.
Foto: Siggi Bucher
Adrian Müller (Text) und Siggi Bucher (Fotos)

Tränen schiessen Antonella Grossi (42) in die Augen, als sie vor dem Wohnblock in Münchenstein BL steht. Auf dem Balkon ihrer früheren Wohnung ist noch ein Schrank zu sehen, vor dem Hauseingang stehen ihre weggeworfenen Pflanzen. In die Fünf-Zimmer-Wohnung darf die alleinerziehende Mutter mit ihren drei Kindern (13, 7 und 5 Jahre alt) nicht mehr.

Die Verwaltung liess ihre Wohnung letzte Woche wegen eines Zoffs um ausstehende Nebenkosten zwangsräumen. Polizisten marschierten auf, um die Wohnung zu verriegeln. «Ich bin zusammengebrochen. Meine kleine Tochter musste alles mit ansehen», so Grossi. Auch sonst geht es im Haus schroff zu: Schon an der Tür prangt ein Aushang der Verwaltung wegen störender Zigarettenstummel. In dem Schreiben werden die Mieter gar mit Hühnern verglichen.

Die in der Schweiz geborene Italienerin Grossi ist nach dem Rauswurf mit ihren Kräften am Ende. Vor zwei Jahren durchlebte sie eine schwere Trennung und muss nun alleine zum Nachwuchs schauen. Als Teilzeit-Köchin verdient sie nicht genug, um die Familie durchzubringen. Darum bezahlte das Sozialamt ihre Miete – inklusive Nebenkosten.

Amt bezahlte alle offenen Rechnungen

Auch beim zuständigen Amt ist man bestürzt. «Wir haben alle offenen Rechnungen bezahlt. Trotzdem wurde die Wohnung geräumt. So einen Fall haben wir noch nie erlebt», sagt Kristine Sprysl, Leiterin Soziale Dienste der Gemeinde Münchenstein, zu BLICK. 

Zur Eskalation kam es wegen ausstehender Nebenkosten von 2972 Franken. Erst erfolgte die Kündigung, dann der gerichtlich angeordnete Räumungsbefehl. Es folgte ein monatelanger Rechtsstreit zwischen der Verwaltung und Grossi, der noch immer nicht beigelegt ist. Die Beschwerde ist noch vor Kantonsgericht hängig. «Je nach Ausgang des Verfahrens müsste die Wohnung zurückgegeben oder Schadenersatz verlangt werden», sagt Grossis Anwältin, die ihr das Sozialamt stellt.

Wie die derart hohen Nebenkosten zustande gekommen sind, ist nicht klar ersichtlich. Das Sozialamt Münchenstein will Antworten: «Wir schauen jede Abrechnung kritisch an. Bei einem entsprechenden Verdacht stellen wir unseren Klienten einen Anwalt zur Verfügung. Der gelangt an die Schlichtungsstelle für Mietangelegenheiten – und gewinnt in der Regel», so Sprysl weiter.

Verwaltung ist sich keiner Schuld bewusst

Liess sich das Sozialamt in diesem Fall aber zu viel Zeit für die Zahlung? Auf BLICK-Anfrage schiesst die Verwaltung gegen die Behörden: «Verantwortlich für diese Kündigung und Zwangsräumung ist das Sozialamt, das die Zahlung verschleppte.» Die Räumung sei nicht unverhältnismässig und durch Ämter, Gerichte und Polizei geprüft und stattgegeben worden. Obschon das Sozialamt die Miete in der Zwischenzeit bezahlt habe, habe man der Mieterin keinen Aufschub geben können. Denn die Wohnung sei bereits weitervermietet worden.

Antonella Grossi ist das Opfer des Juristenzoffs. Sie hofft, dass sie mit dem Nachwuchs bald wieder ein richtiges Dach über dem Kopf findet. «Ich kann nicht mehr richtig schlafen. Und die Kinder leiden ebenfalls sehr unter der Situation», sagt die Italienerin. Fakt ist: Bis Ende Monat braucht sie eine neue Wohnung in Münchenstein. Dann kommen ihre Kinder von den Ferien bei der Grossmutter in Italien zurück. Bis dahin ist Grossi bei einer Freundin untergekommen.

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