Sechs Wochen ist es her, seit Ozan Topal (42) eine Mail von der türkischen Regierung erhalten hat. Geschockt ist er noch immer.
«Ich verstehe es einfach nicht», sagt er. Er habe zuerst gemeint, jemand erlaube sich einen Scherz mit ihm. Der Hintergrund: Ein Tweet (BLICK berichtete). «Binali Yildirim meinte, unsere Zukunft werde besser; nun ja, sein wohlgenährter Sohn hat sein Geld dieses Mal auf Schwarz statt auf Zahlen gesetzt.» Die Anspielung zielte auf die Spielsucht von Erkan Yildirim, dem Sohn des türkischen Regierungschefs, ab. Die «TagesWoche» hat diesen Fall vor einigen Tagen publik gemacht.
Ministerpräsident Yildirim und sein Sohn werfen Topal nun vor, unzulässige Unterstellungen und Behauptungen verbreitet zu haben. Dabei war es nur ein harmloser Witz.
Topal habe gedacht, es gehe um seinen Vater. Dieser hatte nämlich zwei Jahre in der Türkei im Gefängnis gesessen, weil er in einer kommunistischen Partei dabei war. «Er wurde mit Strom gefoltert», sagt der Wirt.
Keine Informationen zum aktuellen Stand der Dinge
Topal hat sofort, nachdem er die Mail gesehen hat, seinen Anwalt kontaktiert. «Das Problem ist, dass weder er noch ich irgendwelche Informationen zum aktuellen Stand der Dinge erhalten.» So hätten die Absender in der Mail zwar verlangt, den Tweet zu löschen, nicht aber erklärt, wie es nun weitergehe.
«Ich mache mir gewaltige Sorgen», sagt der Geschäftsführer des Hotels Reinacherhof. Seit mittlerweile 28 Jahren lebt er in der Schweiz.
«Ich kann mir nicht vorstellen, bald wieder in die Türkei zu gehen», sagt er. Lediglich, um das Stück Land zu verkaufen, das er vor Kurzem ersteigert hatte. «Ich habe Angst, wieder zurückzugehen. Ich will nichts mehr mit der Türkei zu tun haben.»
Twitter-Account gelöscht
Topal hat seinen Twitteraccount mittlerweile gelöscht. «Ich möchte kein Risiko mehr eingehen.» So oder so fühle er sich in der Schweiz wohler und heimischer als in der Türkei. «Man kann dort niemandem vertrauen.» Er überlege sich sogar, den türkischen Pass abzugeben. (stj)