Im Oktober 2017 hatte der Grosse Rat 5,9 Millionen Franken gesprochen für die Ausweitung des Basler E-Voting-Angebots auf alle, die im Stadtkanton wohnen. Bisher steht E-Voting nur seinen Auslandschweizern und Behinderten offen; nun sollen im Laufe dieses Jahres alle wahlweise auch elektronisch abstimmen und wählen können.
Basel-Stadt war nach einem Start mit dem Genfer System Anfang 2017 auf das E-Voting-System der Post umgestiegen. Der Kanton Genf hat im November die Aufgabe seines eigenen Systems per 2020 wegen der Kosten und Komplexität angekündigt.
Auslöser des Genfer Ausstiegs war, dass der Chaos Computer Club (CCC) mittels einer gefakten Homepage des Genfer Systems dessen Sicherheitsmängel aufgezeigt hatte. Seither ist in der Schweiz nur noch das Post-System auf dem Markt, das auf der Software einer spanischen Firma basiert.
«E-Voting ist nicht sicher»
Gegen die Ausweitung votierte die SP-Mehrheit: «E-Voting ist nicht sicher», und es sei «naiv anzunehmen, dass es dann sicher werde». Das Stimm- und Wahlrecht sei zentral für die Demokratie. Mit dem Post-System würden Daten nach Spanien fliessen – «das kommt nicht gut». Auch ein Co-Motionär vom Grünen Bündnis verlangte, der Staat müsse die Systemhoheit haben; jene Firma werde für Mängel stark kritisiert.
Die SVP war ebenfalls skeptisch. Das System langfristig genügend sicher zu behalten sei sehr aufwendig und teuer; das lohne sich nur für Auslandschweizer. Zudem fehle die digitale Signatur in diesem System. Die GLP mahnte, allfällige Manipulationen wären wohl schwer nachzuweisen, und bei einem Betrug wäre die Legitimation aller Wahlen und Abstimmungen in Frage gestellt.
E-Voting kommt bei den Jungen an
Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann wehrte sich gegen den Abbruch-Vorstoss mit dem Argument, seit zehn Jahren laufe E-Voting in Basel-Stadt problemlos. Studien zeigten ein starkes Interesse jüngerer Generationen; mit E-Voting für alle wolle man die Stimmbeteiligung nicht steigern, sondern nur erhalten.
Die Regierung nimmt die Diskussionen laut Ackermann «sehr ernst», sei aber weiter überzeugt vom System. Sicherheit gehe vor Tempo. Der CCC habe das Genfer System angegriffen, nicht das bessere der Post. Dessen Verschlüsselung sei besser, es sei dezentral organisiert und auch besser abgeschottet.
Für die LDP machte sich ein Informatiker für das E-Voting stark: Das System sei stark gesichert, der Quellcode öffentlich und der angekündigte Test mit Hackern effektiv. Eine starke SP-Minderheit wollte den Fortschritt nicht abwürgen. Ein Liberaler verglich E-Voting mit E-Banking, das viele schon lange nutzten.
Die GLP konterte, beim E-Banking gebe es jeweils nur einen Geschädigten, während Missbrauch beim E-Voting «die Grundfesten unserer demokratischen Institutionen» gefährde. Der Co-Motionär verwies auf diverse prominente und potente Hacking-Opfer weltweit, bis hin zum FBI – diese hätten sich davor alle für sicher gehalten.
Deutliches Resultat
Am Ende wurde die vom Grünen Bündnis eingereichte Motion mit 48 gegen 37 Stimmen bei 4 Enthaltungen zur Stellungnahme an die Regierung überwiesen. Erst wenn das Parlament die Motion anhand dieser Stellungnahme nochmals überweist, wird sie zum verbindlichen Auftrag.
Die E-Voting-Versuchsphase auf Bundesebene läuft seit 2004; der Bundesrat hat im Dezember die Vernehmlassung zum ordentlichen Betrieb gestartet. Kantone, die die elektronische Stimmabgabe ermöglichen wollen, brauchen eine Bundesrats-Bewilligung. Seit Januar läuft eine Initiative für ein Schweizer E-Voting-Moratorium.
Ab 25. Februar ist ein einmonatiger so genannter Intrusionstest für das E-Voting-System der Post angekündigt, bei dem Hacker weltweit das System angreifen sollen. Schon im Vorfeld amüsieren sich Hacker über das System und den Test und kritisieren Programmbestandteile.
Derzeit wird E-Voting in zehn Kantonen angeboten, in fünf davon sind nur Auslandschweizer Stimmberechtigte zugelassen. Weitere Kantone wollen die elektronische Stimmabgabe in den kommenden Monaten oder Jahren einführen. Im Juni 2018 war eine Expertengruppe zum Schluss gekommen, dass E-Voting mit vollständig verifizierbaren Systemen sicher und vertrauenswürdig angeboten werden könne. (SDA)