Der frühere SBB-Personenverkehrschef Paul Blumenthal teilte seinen Rücktritt am Donnerstag unmittelbar nach einer Medienkonferenz der Geschäftsprüfungskommission (GPK) zu deren Jahresbericht samt sehr kritischen Feststellungen zu den jüngsten BVB-Vorkommnissen mit. Er begründete seinen abrupten Abgang mit dem «Misstrauensvotum» der GPK.
Mit Blumenthal tritt auch der Vizepräsident des Verwaltungsrats (VR), Notar Paul Rüst (CVP), zurück. Beide gehören seit 2010 dem BVB-VR an; Blumenthal seit Anfang 2014 als Präsident. Blumenthal hatte die Spitze nach Skandalen des früheren Direktors übernommen, die diesem sowie dem damaligen VR-Präsidenten Ende 2013 die Jobs gekostet hatten.
Geister-Million
Im Zentrum der aktuellen Vorwürfe der BVB steht ein Zahlungsversprechen über eine Million Euro an den Elsässer Gemeindeverbund «CA3F«, mit dem die Tramverlängerung von Basel nach Saint-Louis (F) dort politisch mehrheitsfähig gemacht werden sollte. Dieses Ziel ist erreicht, da die Geleise inzwischen verlegt werden.
Gemäss der GPK dürfte der Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements, Hans-Peter Wessels (SP), Ende 2011 oder Anfang 2012 den Elsässern den siebenstelligen Zustupf mündlich versprochen haben. Wessels selber nennt den damaligen BVB-VR-Präsidenten Martin Gudenrath als Urheber. Heute wolle niemand die Verantwortung übernehmen.
In einem Brief von 2015 schreibt Wessels laut GPK jedoch von einem Versprechen «seitens des Kantons» in Absprache mit der BVB-Spitze. Die BVB sei von einer Weisung Wessels' ausgegangen. Mit dem Versprechen wie der Weisung hat jener «massiv» seine Kompetenzen überschritten, wie GPK-Präsident Tobit Schäfer (SP) vor den Medien sagte.
Nachtragskredit
Die CA3F hatte mit Verweis auf den Basler Beitrag an die Tramverlängerung nach Weil am Rhein (D) eine ähnliche Unterstützung erbeten. Die mündliche Zusage belief sich dann auf 1,6 Millionen Euro, aus denen später eine Million Euro wurde.
Im Fall Weil sei das Versprechen zwar rückblickend ebenfalls im Prinzip diskutabel gewesen, sagte Schäfer weiter. Aber der Ablauf sei dort korrekt gewesen mit VR-Beschluss und Info an die Regierung vor dem Zahlungsversprechen. Ganz anders sehe es mit der Elsässer Million aus.
Schäfer monierte, dass dieses Zahlungsversprechen «erschreckend» lausig dokumentiert sei, kein VR-Beschluss zugrunde gelegen sei, die Basler Regierung nicht einbezogen worden sei und wohl auch keine Rechtsgrundlage bestehe. Darum solle nun die Regierung formell darüber beschliessen und gegebenenfalls einen Nachtragskredit beantragen, fordert die GPK.
Baudirektor «versagt»
Der GPK-Jahresbericht stellt zudem im BVB-VR und der -Geschäftsleitung eine autoritäre Führung fest. Das Arbeitsklima sei am Boden, und ein beinhartes Effizienzprogramm schiesse weit über die Zielvorgabe der Kantonsregierung hinaus. Wessels ist mit der BVB-Aufsicht betraut, und die politische Aufsicht habe «versagt".
Die GPK empfiehlt, Blumenthal und Rüst bei der turnusgemässen Wahl des BVB-VR für die Amtsperiode 2018-2021 nicht mehr zu wählen. Einen sofortigen Rücktritt fordere sie nicht, sagte der GPK-Präsident vor den Medien. Gemäss dem Communiqué der BVB zum Rücktritt entscheidet die Regierung am kommenden Dienstag über den künftigen BVB-VR.
Die Regierung soll gemäss den GPK-Empfehlungen Wessels an die kurze Leine nehmen - dies habe die GPK nach Diskussionen einstimmig beschlossen. Die Regierung solle auch die BVB-Leitung in die Pflicht nehmen, etwa via Eignerstrategie. - Wessels seinerseits hat für Freitagmorgen zu einem Mediengespräch eingeladen.
Die GPK hatte übrigens bereits im Zusammenhang mit einem neuen BVB-Organisationsgesetz 2015 die Neuwahl eines unbelasteten VR angeregt; der Grosse Rat hatte ihren Antrag damals aber abgelehnt. Jetzt hagelt es empörte Reaktionen von Parteien aller Couleur, die je nach Nähe zu Involvierten indes unterschiedlich fokussiert sind. (SDA)