In der Nacht auf den 1. November 1986, kurz nach Mitternacht, ereignete sich die schlimmste Katastrophe in der Geschichte der Basler Pharmaindustrie: In der Lagerhalle 956 des Chemiekonzerns Sandoz (heute Novartis) brach ein riesiges Feuer aus.
Am Morgen heulten die Katastrophensirenen in Basel zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen durften ihre Häuser nicht verlassen und wurden mit Polizeidurchsagen aufgefordert, ihre Fenster zu schliessen und Radio zu hören. Schweizerhalle – der Name des betroffenen Industrieareals im Kanton Basel-Land – prägte sich tief ins nationale Kollektivgedächtnis ein.
Apokalyptische Bilder aus der Brandnacht
Über 1300 Tonnen hochgiftige Chemikalien verbrannten in jener Nacht. Die Flammen und der orangegefärbte Himmel waren in der ganzen Region sichtbar. Bald bildete sich eine riesige, stinkende Rauchwolke über Basel. Vor Ort sahen Feuerwehrleute und Journalisten, wie Fässer explodierten.
Um 5 Uhr am Morgen hatten die Feuerwehrleute den Brand im Griff. Es wurde Endalarm ausgelöst. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, wie schlimm die Folgen sein würden.
Der Rhein war rot
Das Löschwasser wurde vom Brandort mitsamt 20 Tonnen Chemikalien direkt in den Rhein geschwemmt. Der Fluss verfärbte sich rot, es kam zum grossen Fischsterben. Bis zur Nordsee war das Wasser vergiftet. Die gesamte Aalpopulation auf einer Länge von 400 Kilometern wurde ausgelöscht.
Die Tatsache, dass ein solcher Brand in der Schweiz möglich war, überraschte die Menschen. Reagiert wurde mit Protestaktionen und Forderungen nach mehr Sicherheit. Das Unglück ereignete sich nur wenige Monate nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl.
Zum Glück kamen bei der Katastrophe keine Menschen zu Schaden. Und dank dem Oberlauf und den vielen Zuflüssen erholte sich der Rhein überraschend schnell. Das frische Wasser aus den Alpen spülte den Strom durch und die meisten Organismen konnten sich innerhalb einiger Monate erholen.
Das Vertrauen in die «Chemischen» war erschüttert
Doch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Selbstkontrolle der chemischen Industrie war nach dem Grossbrand von Schweizerhalle nachhaltig erschüttert. In Folge des Brandes trafen die Behörden deshalb Massnahmen, um den Gewässerschutz zu verbessern. So wurden beispielsweise die Lagerhaltungsvorschriften verschärft: Heute sind für anfallendes Löschwasser Rückhaltebecken vorgeschrieben.
Auch das Abwasser-Management und die Organisation der Chemikalien-Lager wurden stark verbessert, der Boden nach der Katastrophe bis in 11 Meter Tiefe ausgehoben und gewaschen.
Immer noch sind Schweizerhalle-Pestizide im Boden
Doch der Dreck ist immer noch da. Nach 30 Jahren sind immer noch Spuren des Pestizides Oxadixyl im Boden messbar, wie Alberto Isenburg, Leiter des Baselbieter Amtes für Umweltschutz und Energie, auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA sagte.
2017 soll entschieden werden, ob die Messungen weitergeführt oder abgeschlossen werden, oder ob zusätzliche Massnahmen zur Bodensanierung vorgenommen werden müssen. (SDA/pfr)