An die Details der Betrugsmasche, die ihn vor drei Jahren 123'000 Franken kostete, kann sich Emanuel B.* (89) nicht mehr erinnern. «Aber ja, da waren mal so Handwerker bei mir, die schon etwas viel Geld verlangten.» Er zeigt Blick seinen Dachstock – den Tatort in diesem Fall. Hier haben falsche Handwerker den gutgläubigen Mann abgezockt.
Die sechsköpfige Sinti-Bande hätte Mitte März in Muttenz BL vor Gericht stehen sollen, weil sie im Jahr 2019 den Hausbesitzer Emanuel B. aus Birsfelden BL hemmungslos über den Tisch zog – wegen Corona wurde der Prozess verschoben. Die Anklageschrift verrät ihre Tricks, die sie anwendeten, damit B. immer mehr Bargeld locker machte.
Statt 25 Franken verlangten sie 35'000 Franken
Am ersten Tag, dem 15. Januar 2019, klingelten die Betrüger bei dem stattlichen Herrenhaus. Sie gaben an, auf einer benachbarten Baustelle zu arbeiten und einen defekten Hausziegel auf B.s Dach gesehen zu haben. Für 25 Franken würden sie ihn reparieren.
Emanuel B. führte sie ins Haus. Im Estrich verschütteten die Betrüger heimlich Wasser, um dem alten Mann vorzuspielen, das Dach sei undicht. Zudem gaukelten sie mit heruntergeladenen Fotos auf dem Handy vor, er habe Wurmbefall in den Balken.
Noch am gleichen Tag übergab Emanuel B. den Betrügern frisch abgehobene 35'000 Franken in Bar als Vorschuss und für den Kauf spezieller Insektizide. «Ich habe ihnen vertraut, weil ich dachte, sie seien vom Fach», sagt B. zu Blick. «Lokale Handwerker kenne ich gar keine, und ich wäre auch nicht auf die Idee gekommen, eine Zweitmeinung einzuholen.»
Statt zu arbeiten, schliefen sie
Die Betrüger fühlen sich sicher. Sie dichten den Zugang zum Dachstock mit Plastikfolie ab, damit der Hausbesitzer nicht nachsehen kommt. Sie versprühen billiges Insektizid und streichen etwas auf einen Balken, damit es nach etwas riecht. Den Dachstock betreten sie in den folgenden Tagen nur noch in Schutzanzügen und mit Masken. Laut Anklageschrift sitzen die falschen Handwerker dort oben allerdings bloss ihre Zeit ab oder schlafen.
«Ich habe gedacht, dass sie ihre Arbeit machen würden. Aber Lärm habe ich schon etwas wenig gehört», erzählt Emanuel B., der selbst dann nicht misstrauisch wurde, als die Betrüger nochmals 38'000 Franken verlangten. «Sie gingen ein und aus und einer plauderte manchmal mit mir. Er wirkte anständig und fachmännisch.»
Emanuel B. tätigt am achten Tag eine weitere Zahlung von 50'000 Franken in bar, die er bei der Bank abhebt. Irgendwann wird die Bank aufmerksam: Die Betrüger fliegen auf.
«Ich dachte, dass mir das nie passiert»
«Mich schmerzt vor allem, dass ich so übertölpelt wurde», sagt Emanuel B. heute zu Blick. Das Geld sei ja das eine. Das tue seiner Frau und ihm zum Glück nicht so weh. «Aber dass ich auf so eine Masche hereingefallen bin, ist nicht schön. Man denkt sich immer, wenn man so was liest: ‹Mir passiert das nie.›» Er wolle seine Geschichte erzählen, um andere zu warnen. Seine Frau sagt zu Blick: «Uns geht es wegen des Geldes jetzt nicht schlechter, aber wir möchten nicht, dass es beim nächsten Mal jemanden trifft, bei dem so was an die Existenz gehen würde.»
Dass die Gauner bisher nur zwei Monate Untersuchungshaft absitzen mussten, findet Emanuel B. zu wenig. «Sie sollten von den Richtern noch richtig bestraft werden.» Seine Frau wirft ein: «Aber die müssen ja auch etwas verdienen. Ihre Arbeit ist nun halt mal Betrug. Das ist nicht schön, aber ich möchte jetzt nicht, dass sie wegen uns ins Gefängnis müssen.» Emanuel B. dazu: «Lernen werden sie es ohnehin nicht. Die können doch nur das.»
Am Prozess will das Ehepaar nicht teilnehmen. Der 89-Jährige: «Für uns ist das vorbei. Wir erinnern uns ohnehin nicht mehr so genau und könnten dem Gericht kaum weiterhelfen. Wir möchten bloss andere warnen, damit sie sich nicht so übertölpeln lassen wie wir.»
* Name der Redaktion bekannt