Sowohl mit der Initiative als auch mit dem Gegenvorschlag soll das Bankgeheimnis in der Verfassung verankert werden. Ziel beider Begehren ist es, die finanzielle Privatsphäre der Bürger besser zu schützen. Eine Einführung des automatischen Informationsaustauschs im Inland soll verhindert werden. Banken sollen den Steuerbehörden also nur Informationen zu Konten ausländischer Kunden übermitteln.
Es gehe überhaupt nicht darum, Steuerhinterzieher zu schützen, sagte Mitinitiant und Kommissionssprecher Christian Lüscher (FDP/GE). Es solle einzig das geltende Recht gestärkt werden. Mit dem Gegenentwurf sollen die aktuellen Gesetzesbestimmungen in die Verfassung geschrieben werden. Die Initiative hingegen würde weiter gehen und die korrekte Erhebung der Steuern gefährden, warnte der Bundesrat.
Heute können die Steuerbehörden Informationen bei Dritten, etwa bei Arbeitgebern, einholen, wenn eine Person ihre Mitwirkung verweigert. Die Initiative würde diese Möglichkeit einschränken. Die Steuerbehörden könnten nur noch im Rahmen von Strafverfahren Informationen einholen - und nur dann, wenn ein Gericht den Verdacht auf eine schwerwiegende Steuerstraftat bestätigt.
Der Gegenvorschlag sieht deshalb vor, dass von den Bestimmungen zur Auskunftspflicht nicht «Dritte» betroffen sind, sondern ausschliesslich Banken. Damit sollen Interpretationsschwierigkeiten vermieden werden. Anders als im Initiativtext ist im Gegenvorschlag zudem nicht abschliessend festgelegt, bei welchen Delikten das Bankgeheimnis nicht gilt beziehungsweise der Anspruch auf Schutz der Privatsphäre aufgehoben ist.
Das Parlament könnte die Liste also auf Gesetzesstufe erweitern, damit Banken nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch in Strafverfahren wegen Hinterziehung grosser Steuerbeträge auskunftspflichtig wären. Explizit erwähnt ist im Gegenvorschlag dafür als Tatbestand, anders als in der Initiative, die Veruntreuung von Quellensteuern.
Weiter beschränkt sich der Gegenvorschlag auf die direkten Steuern, während die Initiative vorsieht, dass die Bestimmungen für Steuerdelikte im Bereich der direkten und indirekten Steuern gelten.
Schliesslich nimmt der Gegenvorschlag die Meldepflicht im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäscherei von den neuen Bestimmungen aus. Bei der Initiative ist das aus Sicht des Bundesrates nicht eindeutig. Je nach Interpretation könnte die Initiative damit negative Auswirkungen auf die Bekämpfung der Geldwäscherei haben.
Vertreter von FDP und SVP sprachen sich dafür aus, sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag anzunehmen. Eine weitere Gruppe sprach sich im Gegenteil sowohl gegen die Initiative als auch den Gegenvorschlag aus.
Der Schutz der Privatsphäre sei bereits heute in der Verfassung gewährleistet, betonten die Gegner. GLP und BDP stellten sich auf den Standpunkt, der Schutz des Bankgeheimnisses sei im Bankengesetz bereits ausreichend geregelt. Für steuerehrliche Schweizer sei der Schutz genügend, für alle anderen sei er nicht zu erhöhen, sagte Martin Landolt (BDP/GL).
Linke Gegner wollen sich insbesondere die Möglichkeit offenhalten, das Bankgeheimnis im Inland zu einem späteren Zeitpunkt lockern zu können. Ein entsprechender Verfassungsartikel würde dies verhindern.
Für Diskussionen sorgte im Rat vor allem die Frage nach der Ehrlichkeit der Steuerzahler. Befürworter von Initiative und Gegenvorschlag zeigten sich überzeugt, dass die Steuerehrlichkeit in der Schweiz überdurchschnittlich hoch sei. Das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat und die Eigenverantwortung müssten geschützt werden. Es brauche «einen Schutz vor willkürlichen staatlichen Steuerkontrollen», so Petra Gössi (FDP/SZ)
Natürlich gebe es einzelne schwarze Schafe, die das Bankgeheimnis missbrauchten, um Steuern zu hinterziehen, sagte Mitinitiant und SVP-Nationalrat Thomas Matter (ZH). Aber schwarze Schafe gebe es in jedem Lebensbereich.
Von einem «Steuerhinterziehungsgeheimnis» sprach hingegen die Ratslinke. Initiative und Gegenvorschlag seien «ein Affront gegenüber allen Menschen, die jedes Jahr ehrlich ihre Steuererklärung ausfüllen», kritisierte Beat Jans (SP/BS). Die Steuerehrlichkeit sei in der Schweiz keinesfalls so hoch wie behauptet, betonten mehrere Redner. Jans verwies darauf, dass allein in den letzten sechs Jahren 22 Milliarden Franken bisher unversteuerte Vermögen offengelegt worden seien.
Hinter der Bankgeheimnis-Initiative stehen Vertreter der SVP, FDP, CVP, Lega und der Jungfreisinnigen. Auch der Schweizerische Gewerbeverband und der Hauseigentümerverband unterstützen das Anliegen. Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Kantone haben sich gegen Initiative und Gegenvorschlag ausgesprochen.
Die Debatte zum Bankgeheimnis wird am Donnerstagmorgen weitergeführt.