Badesalz machte ihn zum Kannibalen
Ist die Droge auch in der Schweiz ein Thema?

Legal – aber extrem gefährlich. Die Wirkung von Badesalz ist völlig unberechenbar. Doch die Billigdroge breitet sich aus.
Publiziert: 23.06.2012 um 14:06 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 05:14 Uhr
Kannibale Rudy Eugene.
Foto: Keystone
Von Melanie Gath

Sie sind versehen mit Fantasie-Namen wie «Ivory Wave», «Lave Red» oder «Angel Dust». Die sogenannten Badesalz-Drogen wirken furchtbar und zerstörerisch. Es gibt Berichte von Konsumenten, die sich die Kleider vom Leib reissen, Aggressionen entwickeln, sich selbst verstümmeln. US-Behörden prüfen, ob die Droge für Kannibalismus-Attacken verantwortlich ist.

Ein Fall sorgte für Schlagzeilen und brachte die Droge ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Ende Mai fällt Rudy Eugene (†31) in Miami über den Obdachlosen Ronald Poppo (65) her. Völlig nackt, verbiss er sich ins Gesicht seines Opfers und ass Teile davon. Augenzeugen berichteten, er habe dabei geknurrt wie ein «tollwütiger Hund». Die Polizei musste ihn erschiessen, um das Opfer zu retten. Die Tat von Rudy Eugene blieb kein Einzelfall.

«In Deutschland hat der Konsum massiv zugenommen»

In Baltimore ass ein Student Teile des Gehirns seines Mitbewohners. Die Fälle führten die Ermittler auf dieselbe Spur: die Badesalz-Droge. Sie gehört zur Gruppe der «Legal Highs». Die Billigdroge breitet sich in den USA rasant aus.

«Auch in Deutschland hat der Konsum in der letzten Zeit massiv zugenommen», sagt Bernd Kreuzer vom Drogendezernat des Landeskriminalamts Bayern zu «Focus Online». Er erklärt: «Wer diese Droge konsumiert, wird plötzlich äus­serst aggressiv – gegen sich selbst, aber auch gegenüber unbeteiligten Passanten oder Familienmitgliedern.»

Auch in der Schweiz ist die Droge ein Thema. Im Drogen-Forum «Eve&Rave» berichteten drei hiesige User von einem grösseren Aggressionspotenzial nach der Einnahme – wie beispielsweise bei Alkoholkonsum. «Ausserdem wird von einem starken ‹Constant Craving› berichtet», sagt «Eve&Rave»-Präsidentin Tina Schmitter. Dies bedeutet eine grausame Gier, so dass Konsumenten teils über mehrere Nächte berauscht wach bleiben, ohne dass sich Müdigkeit bemerkbar macht. Doch laut Schmitter nehmen Drogen dieser Art in der Schweiz eine untergeordnete Posi­tion ein.

Das bestätigt auch Alexander Bücheli, stellvertretender Betriebsleiter der Schweizer Jugendberatung Streetwork. Bei einer Befragung (2010 bis 2012) hätten 13 von 863 Personen angegeben, ein sogenanntes «Legal High» in einer innerhalb einer typischen Partynacht zu konsumieren. Im Vergleich: 395 Personen gaben an, Ecstasy zu konsumieren. Doch Bücheli gibt auch zu bedenken, dass es sich dabei nur um Personen handelte, die eine Substanz zur Analyse abgaben – «und nicht um repräsentative Zahlen für die Gruppe der Partygänger insgesamt».

Langzeitfolgen nicht abschätzbar

Laut Bücheli hatten alle Mitarbeiter von Streetwork im Rahmen von Beratungsgesprächen schon mal mit «Legal High»-Konsumenten zu tun. «Meist handelte es sich um einen einmaligen Probierkonsum», sagt er.

«Es handelt sich oft um ein Gemisch und niemand weiss, aus welchen Substanzen es konkret besteht.» Dadurch seien Wirkung, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen nicht abschätzbar. Aber es sei auszuschliessen, dass eine Substanz  allein einen Menschen zum Kannibalen macht. «Solche Vorfälle sind eine absolute Seltenheit und stehen in Zusammenhang mit bereits vorhandenen sozialen oder psychischen Problemen», sagt er. Diese könnten durch eine Substanzwirkung wie Enthemmung oder durch Schlafentzug in den Vordergrund gedrängt werden und zu einer Kurzschlussreaktion führen.

Auch Thilo Beck, Psy­chiater und Chefarzt bei der Arud Zürich, sagt: «Bei psychisch labilen Menschen oder exzessivem Konsum können psychoaktive Substanzen aussergewöhnlich starke Wirkungen hervorrufen.» Die beschriebenen Fälle seien aber als absolute Sonderfälle zu betrachten.

Was im Badesalz drin ist

Mit herkömmlichen Badesalzen teilt die Designerdroge nur den Namen. Sie wird geschluckt, geraucht, durch die Nase gezogen oder in seltenen Fällen gespritzt. Zusammensetzung und Dosierung des Badesalzes sind unbekannt, am häufigsten besteht es aus einer Mischung von Mephedron mit einer oder mehreren anderen Substanzen wie z.B. Methylendioxypyrovaleron. Mephedron ist europaweit seit zwei Jahren verboten. Auch immer mehr US-Staaten verbieten die ­Badesalze. Doch der juristische Weg ist schwierig, weil sich die Mixtur ständig ändert und immer neue Fantasie-Namen verwendet werden.

Mit herkömmlichen Badesalzen teilt die Designerdroge nur den Namen. Sie wird geschluckt, geraucht, durch die Nase gezogen oder in seltenen Fällen gespritzt. Zusammensetzung und Dosierung des Badesalzes sind unbekannt, am häufigsten besteht es aus einer Mischung von Mephedron mit einer oder mehreren anderen Substanzen wie z.B. Methylendioxypyrovaleron. Mephedron ist europaweit seit zwei Jahren verboten. Auch immer mehr US-Staaten verbieten die ­Badesalze. Doch der juristische Weg ist schwierig, weil sich die Mixtur ständig ändert und immer neue Fantasie-Namen verwendet werden.

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