Es war ein schwieriger Besuch: Das Treffen von Bundesrat Didier Burkhalter und dem türkischen Aussenminister Mevlüt Çavusoglu zeigte, dass die Beziehungen beider Länder schon besser waren. Burkhalter versuchte – wie es seine Art ist – den Ball flach zu halten. Doch je länger die Pressekonferenz im Anschluss an den Arbeitsbesuch dauerte, desto schwieriger wurde es für den Neuenburger Bundesrat, diplomatisch zu bleiben.
Live-Übertragung in die Türkei
Denn Çavusoglu nutzte den Besuch in Bern für Propaganda an die Heimatfront. Zwei türkische TV-Sender übertrugen das Treffen live an den Bosporus. So konnte sich der Aussenminister des zunehmend isolierten Staats als starker Mann aufspielen. Etwa indem er behauptete, dass es um die Presse- und Meinungsäusserungsfreiheit in der Schweiz nicht zum Besten bestellt sei.
Regierungsnahe Türken würden von PKK-Anhängern und Sympathisanten von Fethullah Gülen unterdrückt. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan vermutet den Prediger Gülen hinter dem Putschversuch von Mitte Juli und geht in der Türkei mit äusserster Härte gegen seine Anhänger vor. Hier schaltete sich Burkhalter ein: Von solchen Druckversuchen wisse er nichts. In der Schweiz könne jeder in Sicherheit seine Meinung sagen.
Bern soll PKK verbieten
Doch Çavusoglu hatte noch nicht genug und forderte, dass die Schweiz die kurdische Partei PKK verbietet. Ein Indiz dafür, dass sich Ankara wieder stärker im Kampf gegen die Kurden versteht. Burkhalter hielt dagegen fest, dass die Schweiz keine schwarzen Listen für Organisationen kenne, abgesehen vom Verbot des IS und der Al-Nusra-Front – in Übereinstimmung mit internationalen Beschlüssen. Für kriminelle Aktivitäten gebe es das Strafgesetzbuch, sagte er mit Verweis auf die Gewaltentrennung.
Grosse Sorge bereitet Burkhalter offenbar die mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei. Diese sei kein wirksames Mittel im Kampf gegen Gewalt. Deshalb werde die Schweiz alles daransetzen, weiterhin den Dialog zu suchen. Çavusoglu, der sich zu einem früheren Zeitpunkt gegen die Todesstrafe ausgesprochen hatte, hielt jedoch fest, dass dieser Wunsch aus dem Volk gekommen sei. «In einer Demokratie darf man die Meinung des Volkes nicht ignorieren», sagte er. Das türkische Parlament werde diese Frage debattieren, seine Entscheidung müsse dann respektiert werden.
«Drohungen sind kontraproduktiv»
Im Vorfeld des Treffens hatten Politiker verschiedener Parteien Klartext von Burkhalter gewünscht. Dieser Forderung kam der oberste Schweizer Diplomat jedoch nicht nach. Eine Verurteilung des Ausnahmezustands in der Türkei und der Einschränkungen der Pressefreiheit könnten kontraproduktiv sein, sagte er: «Drohungen, wie sie viele jetzt aussprechen, bewirken das Gegenteil dessen, was wir erreichen wollen.» Die Schweiz setze weiterhin auf den Dialog. «Das ist weniger spektakuär, ich weiss. Aber so gibt es vielleicht eine kleine Chance, dass sich die Türkei zum Beispiel bei der Todesstrafe nicht in die falsche Richtung bewegt.»