Ein Klick sorgt für Schlagzeilen. Letzte Woche markierte Armeechef Thomas Süssli auf der Karriereplattform Linkedin ein Foto von Finanzminister Ueli Maurer mit «gefällt mir». Auf dem Bild trägt der SVP-Bundesrat ein Hemd der Freiheitstrychler. Jener Gruppierung, die an unbewilligten Demonstrationen mit Kuhglocken gegen die behördlichen Schutzmassnahmen demonstriert. Überschrieben ist das Foto mit «Der erste Bundesrat ist aufgewacht!».
Die Aufregung war gross. Ist der Armeechef ein Corona-Skeptiker? Solidarisiert sich nach Bundesrat Maurer nun auch Korpskommandant Süssli mit den Trychlern?
Noch am selben Tag stellte Süssli auf Linkedin klar: «Heute Morgen habe ich aus Versehen beim Scrollen durch LinkedIn ein Post geliked.» Als Chef der Armee stehe er vollumfänglich hinter der Corona-Politik des Bundes.Der Fall zeigt: Die Strahlkraft der sozialen Medien ist ungebrochen. Im Jahr 2021 reicht ein Klick, um die Reputation einer ganzen Institution zu gefährden.
Das weiss auch Verteidigungsministerin Viola Amherd. Mitte Januar beauftragte sie die interne Revision des VBS, die Regeln im Umgang mit sozialen Medien in ihrem Departement zu überprüfen.
Das Ergebnis ist ein Kontrollbericht. Er ist datiert auf den 18. August und liegt SonntagsBlick vor. Darin empfehlen die Prüfer, Grundsätze für die Bewirtschaftung von Social Media im VBS auszuarbeiten. Basierend darauf soll die Armee eine Social-Media-Strategie erstellen, die definiert, was auf welchen Kanälen für welches Zielpublikum vermittelt wird. Am 6. September – just eine Woche vor dem missratenen Like des Armeechefs – befahl Amherd eben diesem in einem Brief, die Empfehlungen bis Mitte 2022 umzusetzen.
Nicht nur Risiken, sondern auch viele Chancen
Laut dem Prüfbericht bergen die sozialen Medien für die Armee nicht nur Risiken, sondern auch viele Chancen. Eine Studie der Militärakademie (Milak) der ETH Zürich kam kürzlich zum Schluss, dass die Social-Media-Präsenz der Armee das Ansehen des Militärs positiv beeinflusse. Die Bevölkerung nimmt die Armee dadurch volksnaher und moderner wahr.
Ziel hinter der Social-Media-Offensive der Armee ist auch, Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, Militärdienst zu leisten. Insbesondere junge Menschen sollen angesprochen werden. Doch genau dort hapert es laut Bericht. Denn während die Armee knapp 250 Kanäle auf Facebook, Instagram, Youtube und Twitter betreibt, ist sie auf der chinesischen Unterhaltungs-App Tiktok überhaupt nicht präsent. Die Kontrolleure bemängeln: «Wir hätten erwartet, dass Tiktok, gerade wenn das Ansprechen von Jugendlichen im Vordergrund steht, eine wichtige Rolle spielt.»
Produziert die Armee also bald Tiktok-Videos? Sprecher Daniel Reist sagt: «Falls wir der Überzeugung sind, dass Tiktok für uns einen Mehrwert generieren würde, dann werden wir es in Betracht ziehen.»