Die Gewerkschaft des Swiss-Kabinenpersonals ist entrüstet. Ab dem 1. September 2015 müssen Flight Attendants (FA) in einem Krankheitsfall bereits ab dem vierten Tag ein Arztzeugnis einreichen. Bisher mussten die Mitarbeitenden der Swiss Cabin Crew ihrem Vorgesetzten erst ab dem achten Tag ein ärztliches Attest vorweisen.
Ansteckungsgefahr für Passagiere
Die Gewerkschaft kapers befürchtet, dass das fliegende Kabinenpersonal der Swiss durch diese neue Regelung ihren Flugdienst vermehrt krank antreten wird. Dies, weil die Flugbegeleiter, mit einem Einstiegslohn von 3300 Franken, die anfallenden Arztkosten nicht tragen können oder weil sie willkürliche Behandlungen durch ihre Vorgesetzten befürchten.
«Diese Mitarbeitenden sind zudem eine Ansteckungsgefahr für Passagiere und andere Crewmitglieder», sagt kapers-Präsident Denny Manimanakis gegenüber Blick.ch. Der Gewerkschaftschef befürchtet auch, dass die neue Arztzeugnisregelung bei den betroffenen Flugbegleitern zu chronischen Erkrankungen oder Langzeiterkrankungen, insbesondere der Atemwege, führen könnte.
Andere Arbeitsbedingungen wie in einem Büro
Die Arbeitsfähigkeit des fliegenden Personals ist aufgrund der ständig tiefen Temperaturen durch die Klimaanlage und der an Bord eines Flugzeuges herrschenden Druckverhältnisse schneller eingeschränkt. Viele weitere Begleitumstände dieses Berufes, wie etwa Zeitverschiebung, grosse Temperaturwechsel oder Nachtflüge können die Gesundheit eines Flight Attendants zusätzlich schwächen. Dazu kommt noch, dass FAs offiziell dazu angehalten sind mit einer Erkältung, Halsschmerzen oder einem Husten nicht zu fliegen. «Die bisherige Regel, ab dem achten Krankheitstag ein Arztzeugnis vorlegen zu müssen, hat genau diese Umstände berücksichtig. Und auch die Tatsache, dass Erkältungen zwischen sieben und zehn Tagen dauern können, jedoch nicht zwingend eine ärztliche Betreuung benötigen», so Manimanakis.
Die Swiss möchte mit der Einführung der neuen Arztzeugnis-Regel die Zahl der Langzeit- und wiederkehrenden Krankheitsfälle minimieren. «Die Verantwortung und die Fürsorgepflicht von Swiss als Arbeitgeber verpflichtet uns dazu, dafür zu sorgen, dass sich unsere Mitarbeiter frühzeitig in allenfalls notwendige ärztliche Konsultationen begeben», begründet Swiss-Mediensprecher Stefan Vasic die umstrittene Neuerung.
Kranke Flight Attendants als Sicherheitsrisiko
Dass Flugbegleiter, die nach vier Tagen kein ärztliches Zeugnis holen können, deshalb dann krank oder unter Einfluss von starken Medikamenten zur Arbeit erscheinen und damit zu einem ernsthaften Sicherheitsrisiko für die Swiss werden können, glaubt Vasic nicht. «Das einzelne Kabinen-Mitglied ist gemäss Arbeitsvertrag verpflichtet, den Flugeinsatz nicht anzutreten, wenn die Leistungsfähigkeit ernstlich beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung im Verlaufe des Flugeinsatzes zu erwarten ist». Ein Medikament in der Apotheke komme dem Flight Attendant nun mal günstiger als ein ärztliches Zeugnis, argumentiert Manimanakis. Und wer vollgepumpt mit Medikamenten auf Rotation gehe, habe in einem Notfall nicht mehr die gleiche Reaktionsfähigkeit wie ein gesunder Mitarbeiter.
Gewerkschaft spricht von «Bestrafung»
Laut einer kapers-internen Berechnung sind es zwei Prozent des Kabinenpersonals, die das langjährige System offenbar ausnützen und sich trotz guter Gesundheit länger krankmelden. «Dass nun die anderen 98 Prozent, die ihren Dienst immer korrekt ausüben, mit der Einführung der Viertage-Regel bestraft werden, ist ein Affront», sagt Manimanakis.
Die Swiss will sich über interne Statistiken und deren Auswertungen nicht äussern. Es handle sich aber keineswegs um eine Bestrafung. Vielmehr gehe es darum, dass man so auch potenzielle Fälle von Arbeitsunfähigkeit verhindern wolle.
Laut kapers-Präsident Denny Manimanakis werde das schwer angeschlagene Vertrauen der Basis gegenüber der Airlineführung nun noch weiter kaputt gemacht. Die neue Regel entziehe sich jeglichem Verständnis und jeglicher Vernunft, schimpft der Gewerkschafter, der bei der Swiss selber seit über 20 Jahren als Maître de Cabine verantwortlich zeichnet. «Es geht hier einmal mehr um eine fragwürdige Grundhaltung des Misstrauens gegenüber der grössten Arbeitnehmergruppe der Swiss.»
Was die Krankheitsrate bei der nationalen Airline unnötig in die Höhe treibt sei auch, dass die Swiss nach einem Krankheitsfall die betroffenen FAs sofort wieder einplant. Ein 33-jähriger Flight Attendant erklärt gegenüber Blick.ch, dass er sich nach einer Erkrankung auch schon zwei oder mehr Tage länger krankgemeldet hat. «Wenn ich mich wieder zurückmelde und dann laut Einsatzplan zwei Freitage hätte, ignoriert das die Crew- Dispo und setzt mich gleich wieder auf einem neuen Flug ein», erklärt der Mitarbeiter, der seit 9 Jahren für die Swiss fliegt.
«Sie können sich vorstellen, dass dieser neue Einsatz dann meinen ganzen Monatsplan über den Haufen wirft und mein soziales Leben darunter stark zu leiden hat». Kein Wunder also, dass gewisse Mitarbeiter deshalb einfach noch zwei oder drei Tage bis zum nächsten ordentlichen Einsatz zuhause bleiben.
Gewerkschaft will Klage einreichen
kapers-Chef Manimanakis unterstreicht, dass die jeweilige strikte Einhaltung des Arbeitsplans nach einer Krankheitsphase zur Verbesserung der Situation beitragen würde. Laut der Swiss Medienstelle sei der Verlauf eines individuellen Einsatzplanes von Fall zu Fall unterschiedlich. Grundsätzlich versuche die Swiss aber immer den Einsatzplan so stabil wie möglich zu belassen, wenn ein Mitarbeiter nach einer Absenz wieder in den Flugdienst zurückkehrt.
Dies sieht die Gewerkschaft ganz anders: Wie Blick.ch weiss, prüft kapers deshalb nun eine Klage gegen die Swiss, um die Einhaltung der individuellen Einsatzpläne der FAs nach Krankheitstagen in Zukunft durchzusetzen. «Wir haben schliesslich auch ein Recht unser Sozialleben zu planen, ohne uns dafür permanent gegenüber dem Vorgesetzten rechtfertigen zu müssen».
Bund soll Situation beurteilen
Feuer ist auch im Dach, weil sich die Gewerkschaft vom deutschen Management der Swiss über den Tisch gezogen fühlt. Erst im Mai ist ein neuer Gesamtarbeitsvertrag (GAV) in Kraft getreten. Dass nach nicht einmal vier Monaten nun die Spielregeln von der Swiss massiv geändert werden, sei nicht akzeptabel. Weshalb die Gewerkschaft des Kabinenpersonals nun auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einschalten wird. «Swiss verschleppt seit Jahren wichtige Massnahmen zur Verbesserung des Arbeitsplatzes und damit auch der Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Wir lassen daher die gesamte Arbeitsplatzsituation und die Arbeitsbedingungen in den Swiss-Flugzeugen vom BAG unabhängig und professionell beurteilen.»
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