Arzt stellte falsche Diagnose
Frau (58) begleitet Mutter (95) zu Dignitas – beide tot

Die Mutter (†95) reist nach Zürich, um bei Dignitas zu sterben. Ihre Tochter (†58) begleitet sie – und stirbt selbst an einer Hirnblutung. Jetzt muss sich der Arzt dafür verantworten. Eine von ihm eingereichte Beschwerde wies das Bundesgericht ab.
Publiziert: 11.03.2019 um 14:17 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2019 um 22:02 Uhr
Die Frau erlitt bei der Begleitung ihrer Mutter eine Hirnblutung.
Foto: Keystone

Eine unfassbare Familientragödie geschah 2016 in Zürich: Eine 95-jährige Engländerin reist in die Schweiz, um dank der Sterbehilfe-Organisation Dignitas ihrem Leiden ein Ende zu setzen. Ihre Tochter (58) begleitet sie. Am Sterbetag der Mutter klagt die Tochter im Sterbezimmer plötzlich über arge Kopfschmerzen und übergibt sich – eine Hirnblutung!

Der aufgebotene Arzt glaubt jedoch an eine Schmerzmittel-Überdosis und verabreicht ihr das Beruhigungsmittel Temesta. Die Britin wird bewusstlos, atmet aber weiter. Der Arzt lässt sie jedoch mit Schaum vor dem Mund auf der Couch sitzen und holt ein Gegenmittel. Fünf Stunden später hört sie auf zu atmen. Erst jetzt kommt sie ins Spital, doch dort können die Ärzte nichts mehr für sie tun.

Verfahren wegen fahrlässiger Tötung

Mittlerweile ist auch ihre Mutter wie geplant aus dem Leben geschieden, kann sich aber nicht mehr von ihrer Tochter verabschieden. Mehrere Monate später ergibt der Autopsiebericht der 58-Jährigen, dass ihre Blutgefässe im Kleinhirn fehlgebildet waren, was die Blutung auslöste.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat gegen den Arzt am 25. August 2017 ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eröffnet. Der Vorwurf: Der Arzt hat die falsche Diagnose gestellt und die Patientin nicht rechtzeitig ins Spital eingeliefert. Ausserdem habe die Beruhigungsspritze sie in lebensbedrohlichen Zustand versetzt.

Weiteres Gutachten in Auftrag gegeben

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei einer rechtzeitigen Einweisung in ein Spital die tödliche zentrale Atemlähmung als Folge der Hirnblutung hätte verhindert werden können. Im Rahmen der Untersuchung gab die Staatsanwaltschaft zum bereits bestehenden Autopsiebericht und dem Todesursachen-Gutachten ein weiteres Gutachten in Auftrag.

Dagegen legte der Arzt vergeblich Beschwerde beim Obergericht Zürich ein. Dieses trat darauf nicht ein. Das Bundesgericht hat diesen Beschluss bestätigt. Es hält fest, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrem Auftrag kein Bundesrecht verletzt habe. Bei dem Gutachten handle es sich nicht um eine Zwangsmassnahme, sondern um eine rein fachmedizinische Beweisergänzung. (SDA/man)

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