Die Armee geht neue Wege: Sie will sich der Jugend besser anpassen, um gegen das Rekrutierungsproblem anzukämpfen.
Die neuen Massnahmen setzen unter anderem auf Unterstützung der weiblichen Seite: Korpskommandant Daniel Baumgartner, wünscht sich, dass junge Frauen obligatorisch an einen Informationstag gehen müssen.
«Für mich wäre es wünschbar, wenn wir mittelfristig den Frauenanteil deutlich erhöhen könnten», sagte Baumgartner in einem Interview, das am Mittwoch in der «Neuen Zürcher Zeitung» erschien. Frauen würden anders denken und handeln als Männer, was der Armee gut täte.
Baumgartner möchte deshalb Frauen obligatorisch zu einem Informationstag aufbieten können. «Auch Frauen sollen wissen, was für Chancen die Armee bietet. Das ist für mich eine Frage der Gleichberechtigung.» Er wolle das Gespräch mit den Kantonen suchen, in deren Verantwortungsbereich ein solches Vorhaben fällt.
Rekruten sollen sich besser erholen können
Die Armee kämpft mit einem Rekrutierungsproblem, wie der neue Armeechef Philippe Rebord anlässlich seiner Wahl im September ausführte. Die Gründe sind vielfältig: Zahlreiche Rekruten brechen die Rekrutenschule (RS) ab, viele rücken gar nie ein, rund 3000 junge Männer entscheiden sich von vornherein für den Zivildienst.
Heute würden 3000 Rekruten aus gesundheitlichen Gründen während der RS ausgemustert, 500 gingen in den Zivildienst, sagte Baumgartner. Während das «Problem» Zivildienst Sache der Politik sei, sehe er es als seine Aufgabe an, die Abgänge aus der RS «auf ein normales Niveau» zu bringen. Die Anforderungen der Armee überforderten viele. «Hier müssen wir mehr Rücksicht nehmen.»
Konkret schwebt Baumgartner etwa vor, den Start der RS zu erleichtern. Rekruten sollen sich besser erholen können. «Unsere Gesellschaft ist sich einen Dienstbetrieb von 6 Uhr bis 23 Uhr schlicht nicht mehr gewohnt.» Auch bei der Fitness wolle er ansetzen. Bevor Rekruten grossen körperlichen Belastungen ausgesetzt werden, müsse deren Muskulatur «gestärkt» werden.
Armee versucht mit Weiterbildungen zu locken
Von einer «Weichspüler-RS» will Baumgartner aber nichts wissen. Es gehe um angepasste Leistungen. «Wir müssen die Jungen so nehmen, wie sie sind.» Aus ihnen müssten auch nicht nach 18 Tagen, sondern nach 18 Wochen Soldaten geformt werden. Zudem sei der Nachwuchs etwa in Sachen Informationstechnologie «unglaublich leistungsfähig».
Um die Kaderausbildung attraktiver zu machen, setzt Baumgartner derweil auf die sogenannten Ausbildungsgutschriften, die mit der Weiterentwicklung der Armee geschaffen wurden. Der Armee stünden mehrere Millionen Franken zur Verfügung, um die zivile Weiterbildung von Armeeangehörigen zu bezahlen, sagte er.
Höhere Unteroffiziere erhalten laut Baumgartner 12'900 Franken nach Abschluss ihres praktischen Dienstes für die Ausbildung gutgeschrieben, Zugführer 13'500 Franken. Für jeden weiteren Ausbildungsschritt werde nochmals bezahlt. Schon länger rechnen einige Bildungsstätten Militärdienst als Praktikum oder ECTS-Punkte an.
Ende Oktober waren 7600 Rekruten - unter ihnen 65 Frauen - zur Winter-RS eingerückt. Über das ganze Jahr waren es rund 21'800. Nach Armeeangaben wird es mit solchen Zahlen knapp, die Bestände zu füllen. (SDA/kra)
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