Am Montag haben diese Verbände einen eigenen Vorschlag präsentiert, den sie als Kompromiss sehen. Das Korsett sei heute zu eng, sagte Daniel Jositsch, Zürcher SP-Ständerat und Präsident des Kaufmännischen Verbands, vor den Medien in Bern. Es bringe nichts, sich im Schützengraben des heutigen Arbeitsgesetzes zu verschanzen. Dieses sei ein Flickwerk und entspreche nicht mehr der Realität.
Die Plattform der Verbände, der auch die Schweizer Kader Organisation und die Zürcher Gesellschaft für Personal-Management angehören, fordert Änderungen des Arbeitsgesetzes für Arbeitnehmende, die mindestens die Hälfte ihrer Arbeits- und Kompensationszeit selber bestimmen können. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass das 15 bis 20 Prozent der Beschäftigten sind.
Erhöhung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit
Sie sollen künftig bis zu 60 Stunden in einer Woche arbeiten müssen, wenn im Betrieb viel Arbeit anfällt. Die Erhöhung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit auf 60 Stunden wäre zeitlich beschränkt. Heute beträgt die Höchstarbeitszeit je nach Branche 45 oder 50 Stunden. Für bestimmte Betriebe und Arbeitnehmende kann sie zeitweise um höchstens vier Stunden verlängert werden.
Weiter soll es künftig erlaubt sein, dass die Arbeitnehmenden ihre tägliche Arbeit in einem Zeitraum von 15 Stunden statt wie heute maximal 14 Stunden verrichten. Die Ruhezeit könnte von elf auf neun Stunden verkürzt werden, müsste aber im Durchschnitt über vier Wochen elf Stunden betragen. Heute kann die Ruhezeit einmal in der Woche auf acht Stunden herabgesetzt werden, sofern die Dauer von elf Stunden im Durchschnitt von zwei Wochen eingehalten wird.
Schon heute könne unter Anwendung aller möglichen Ausnahmen bei grossem Arbeitsanfall sehr lange gearbeitet werden, sagte Thomas Feierabend, der Präsident von Angestellte Schweiz. Die Bestimmungen seien jedoch kompliziert und Kontrollen schwer durchsetzbar.
Örtliche Flexibilität für Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit
Ausserdem möchten viele örtlich flexibel arbeiten. Die neue Regelung würde es beispielsweise erlauben, von 8 bis 16 Uhr im Büro zu arbeiten und von 20 bis 23 Uhr zu Hause. Am nächsten Tag könnte wieder um 8 Uhr begonnen werden. Das erleichtere die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und ausserberuflichen Aktivitäten, sagte Feierabend.
Damit das nicht zu Stress und Burnout führt, soll der Schutz der psychischen Gesundheit beachtet werden. Die Verantwortung wollen die Verbände jedoch primär den Branchen und Betrieben übertragen. Sie sollen die Führungspersonen sensibilisieren und Abwesenheiten mit einem Monitoring erfassen.
Gewerkschaftsvertreter werde das Modell wohl nicht überzeugen, stellte Jositsch fest. Die Vorschläge gingen aber viel weniger weit als jene, die im Parlament diskutiert würden. Die jährliche Maximalarbeitszeit würde nicht erhöht.
Die Verbände hoffen, dass sie mit ihrem Modell Gehör in der Wirtschaftskommission des Ständerates finden. Diese arbeitet an der Umsetzung angenommener parlamentarischer Initiativen von Konrad Graber (CVP/LU) und Karin Keller-Sutter (FDP/SG). Die Gewerkschaften sehen in den Vorstössen einen Angriff auf geregelte Arbeitszeiten. Paul Rechsteiner, der Präsident des Gewerkschaftsbundes (SGB), stellte bereits ein Referendum in Aussicht.
Die Vorstösse verlangen eine ganze Reihe von Lockerungen. So soll für bestimmte Wirtschaftszweige und Arbeitnehmende keine wöchentliche Höchstarbeitszeit mehr gelten. Eine solche soll nur noch im Durchschnitt eingehalten werden müssen.
Ferner sollen leitende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Fachspezialisten ihre Arbeitszeit nicht mehr erfassen müssen. Hier schlagen die Verbände der Plattform vor, dass genauer definiert wird, wer vom Arbeitsgesetz ausgenommen ist.