Wir fühlen uns in der Schweiz nicht willkommen», sagt Corinna B. (32) aus Koblenz freimütig. Nach sieben Jahren verlassen die Serviertochter und ihr Partner David L. (32) Root im Kanton
Luzern – und kehren zurück nach Deutschland. «Das tun wir uns nicht länger an.»
Die beiden sind längst kein Einzelfall. Die Zahl der Deutschen, die der Schweiz den Rücken kehren, steigt. 2012 wanderten 16479 wieder aus, so viele wie noch nie.
Und: Die Einwanderung aus dem nördlichen Nachbarland nimmt ab.
Ekeln wir die Deutschen raus?
«Viele sind darüber enttäuscht, dass es hier nicht so einfach ist, sich ein soziales Umfeld zu schaffen. Sie kriegen Vorurteile zu spüren und fühlen sich nicht willkommen», sagt Matthias Estermann (43) vom Verein für Deutsche in der Schweiz.
Das Thema beschäftigt jetzt sogar die Rassismuskommission. Gülcan Akkaya (44), Vizepräsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR), sagt: «Wir sollten die fremdenfeindliche Stimmung in der Schweiz ernst nehmen. Wir müssen die Vorurteile gegenüber Zuwanderern abbauen.»
Schweizer sollen offener werden
Und sie fordert: «Wir sollten auch gegenüber den Deutschen offener werden.» Nächste Woche trifft sich die Kommission zu einer Sitzung, bei welcher das Thema auf der Traktandenliste steht.
Dass die Deutschen scharenweise das Land verlassen, macht den Arbeitgebern Sorgen. «Wir wollen und brauchen die gut ausgebildeten deutschen Arbeitskräfte – und müssen uns stärker bemühen, dass sie hier bleiben», sagt Thomas Daum (64), Direktor des Arbeitgeberverbands.
Die teilweise unfreundliche Stimmung gegenüber Deutschen sei ein Problem und erschwere die Rekrutierung. «Je mobiler die Arbeitskräfte sind, desto mehr spielt das Klima in einem Land eine Rolle», so Daum.
Man könne nicht attraktiv sein für qualifizierte Arbeitskräfte, wenn man ihnen gleichzeitig zu verstehen gebe, dass sie nicht willkommen seien. «Das sind Menschen und keine Roboter. Diese Leute spüren die ablehnende Haltung.»
Thomas Daum erklärt sich die wachsende Skepsis gegenüber den Zuwanderern auch mit der anderen Arbeit, welche die Deutschen machen. «Früher kamen vor allem Arbeitskräfte, die in den unteren Hierarchiestufen tätig waren. Die Deutschen dagegen arbeiten als Vorgesetzte oder auf der gleichen Hierarchiestufe wie der Mittelstand. Das weckt Statusängste. Deshalb ist die Skep-sis gegenüber den Zuwanderern auch im Mittelstand gewachsen», sagt Daum.
Liegt es wirklich nur an den Schweizern, dass die Deutschen gehen? George Sheldon, Professor für Arbeitsmarkt- und Industrieökonomie an der Uni Basel, nennt noch einen anderen Grund: «Die Mobilität von Arbeitnehmern nimmt mit dem Bildungsstand zu. Und 80 Prozent der Deutschen, die in die Schweiz kommen, sind Akademiker», sagt Sheldon.
Topleute ziehen schnell weiter
«Diese Arbeitskräfte arbeiten heute auf einem globalen Markt: heute noch in der Schweiz, morgen vielleicht in London, Frankfurt, Singapur, anderswo in Asien oder in den USA. Es sind eher die schlechter Qualifizierten, welche bleiben.»
Sheldon glaubt auch nicht, dass die Zuwanderung aus Deutschland aufhört. «Der Markt ist noch nicht gesättigt.» Es seien vor allem Ingenieure, Naturwissenschaftler, Mathematiker und
Ärzte, die kämen. Doch wie lange noch? «Laut aktuellen Prognosen haben in der Schweiz bis 2040 rund 60 Prozent der Bevölkerung einen akademischen Abschluss. Sind mehr Schweizer besser qualifiziert, brauchen die Firmen auch weniger Ausländer. Aber das dauert noch ein paar Jahre.»
Deutsche holen Personal zurück
Von der teilweise antideutschen Stimmung in der Schweiz profitiert die deutsche Wirtschaft: Sie bemüht sich neuerdings, ihre Fachkräfte zurückzuholen. Vergangene Woche inserierte eine deutsche Klinikgruppe in der «Neuen Zürcher Zeitung» und warb um deutsche Ärzte, die in der Schweiz leben.
«Diese Woche bekam ich auch eine Anfrage von einer deutschen Ärztezeitschrift, die auf der Homepage unseres Vereins inserieren will, um deutsche Ärzte in der Schweiz abzuwerben», sagt Matthias Estermann vom Verein für Deutsche in der Schweiz.
Corinna B. und David L.: «Wir sind jetzt sieben Jahre hier. Wir kamen, weil wir im Ausland leben wollten. Aber wir fühlen uns in der Schweiz als Deutsche nicht aufgehoben. Es ist sehr schwierig, sich zu integrieren, weil man bei Schweizern auf Ablehnung stösst. Es gab Leute, die wollten nicht von einer deutschen Kellnerin bedient werden. Bei der Fussball-Europameisterschaft hofften alle, dass die Deutschen verlieren. Und immer diese Sprüche: ‹Aha, schon wieder einer aus dem grossen Kanton.› Natürlich sind nicht alle Schweizer so. Es gibt viele nette Leute. Aber man spürt immer, dass man als Deutscher eigentlich nicht willkommen ist. Wir haben uns bemüht und Schweizer kennengelernt. Aber wenn die uns irgendwohin mitgenommen haben, gab es immer Leute, die einen blöd anschauten. Wir sind in Deutschland offener gegenüber Fremden. Deshalb finden wir: Als Deutscher kann man sich in der Schweiz nicht zu Hause fühlen. Wir wollen uns das nicht antun. Wir sind nicht auf die Jobs hier angewiesen. Wir kennen viele Deutsche hier, die auch Heimweh haben und zurückwollen. Am 31. Mai ist es vorbei. Dann geht es endlich in die Heimat. Wir freuen uns so darauf, dass wir dann nicht mehr ‹die Deutschen› sind, sondern wieder in der Gemeinschaft aufgehoben.»
Corinna B. und David L.: «Wir sind jetzt sieben Jahre hier. Wir kamen, weil wir im Ausland leben wollten. Aber wir fühlen uns in der Schweiz als Deutsche nicht aufgehoben. Es ist sehr schwierig, sich zu integrieren, weil man bei Schweizern auf Ablehnung stösst. Es gab Leute, die wollten nicht von einer deutschen Kellnerin bedient werden. Bei der Fussball-Europameisterschaft hofften alle, dass die Deutschen verlieren. Und immer diese Sprüche: ‹Aha, schon wieder einer aus dem grossen Kanton.› Natürlich sind nicht alle Schweizer so. Es gibt viele nette Leute. Aber man spürt immer, dass man als Deutscher eigentlich nicht willkommen ist. Wir haben uns bemüht und Schweizer kennengelernt. Aber wenn die uns irgendwohin mitgenommen haben, gab es immer Leute, die einen blöd anschauten. Wir sind in Deutschland offener gegenüber Fremden. Deshalb finden wir: Als Deutscher kann man sich in der Schweiz nicht zu Hause fühlen. Wir wollen uns das nicht antun. Wir sind nicht auf die Jobs hier angewiesen. Wir kennen viele Deutsche hier, die auch Heimweh haben und zurückwollen. Am 31. Mai ist es vorbei. Dann geht es endlich in die Heimat. Wir freuen uns so darauf, dass wir dann nicht mehr ‹die Deutschen› sind, sondern wieder in der Gemeinschaft aufgehoben.»