Apathische Schweine mit Verletzungen
Tierschutz-Kontrolleure gingen mehr als 150 Fällen nach

Die neu geschaffene Fachstelle «Tierschutzkontrollen» zieht Bilanz: Kanarienvögel in Kleinstkäfigen, Kaninchen in «Einzelhaft», Hunde, die Wind und Wetter ausgesetzt sind – immer häufiger melden besorgte Menschen Verfehlungen von Tierhaltern.
Publiziert: 30.06.2015 um 20:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 05:32 Uhr
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Vom Tierschutz beanstandet: Schweinemast im Zürcher Oberland.
Foto: STS

Eine neue Fachstelle des Schweizer Tierschutzes (STS) geht Meldungen über Tierquälerei nach. Der «allgemein bekannte Leistungsausweis» der Tierschützer führe dazu, dass aus der Bevölkerung immer mehr tatsächliche oder vermeintliche Missstände gemeldet würden, sagte STS-Präsident Heinz Lienhard heute vor den Medien in Bern. Oft könnten sich die Sektionen vor Ort darum kümmern, bei Nutztieren oder Exoten seien diese fachlich aber manchmal überfordert.

Seit Anfang Jahr im Einsatz

In diesen Fällen kommt die Anfang Jahr neu geschaffene STS-Fachstelle «Tierschutzkontrollen» zum Zug. Mehr als 150 Hinweisen ging diese bereits nach. Die Haltung von Hunden war häufigster Stein des Anstosses, aber auch bei Pferden, Rindern, Katzen und anderen Haustieren mussten die Tierschützer einschreiten.

Manchmal gehe es nur darum, jemanden wegen der beobachteten Haltungsbedingungen zu beruhigen, sagte die Tierärztin und Leiterin der Fachstelle, Caroline Regenass. Die meisten Meldungen seien aber gerechtfertigt.

Motivation für Tierhalter

«Oft sehe ich mich damit konfrontiert, dass die Haltung in den Augen des STS nicht optimal für das Tier ist, aber den vom Tierschutzgesetz vorgegebenen Mindestanforderungen entspricht», erläuterte Regenass laut Redetext. Sie versuche dann jeweils, die Besitzer mit Ratschlägen zu motivieren, die Haltung ihrer Tiere zu verbessern.

Immer wieder wird die Tierschützerin aber auch mit schweren Gesetzesverstössen konfrontiert, wie in einem Schweinemastbetrieb im Kanton Zürich. Dort fanden STS-Vertreter Tiere mit zahlreichen Verletzungen und in apathischem Zustand vor: Die Boxen waren überfüllt, die Böden waren beschädigt und es fehlte an Wasser.

Wirbel um «Foto-Bernhardiner»

Aufsehen erregten die Bernhardiner von Zermatt, die als Touristenattraktion herhalten mussten. Der STS reichte eine Strafanzeige gegen den Tierhalter ein. Im April untersagte die Gemeinde den Einsatz der «Foto-Bernhardiner».

Eine juristische Befugnis haben die Tierschützer nicht. Sie können also keine Tiere beschlagnahmen oder Massnahmen verfügen. In schweren Fällen oder bei eindeutigen Verstössen gegen das Tierschutzgesetz schaltet der STS deshalb das zuständige Veterinäramt ein. Die Zusammenarbeit habe sich seit Inkrafttreten der Gesetzesrevision 2008 verbessert.

Strafanzeige bei jedem fünften Verstoss

Nachholbedarf ortet der STS hingegen im strafrechtlichen Vollzug. «Nach wie vor werden Tierquäler mit Samthandschuhen angefasst», sagte Lukas Berger vom Rechtsdienst des STS. Aus Zahlen der Kantone sei abzuleiten, dass nur bei knapp jedem fünften Verstoss eine Strafanzeige eingereicht werde. Eigentlich verpflichte das neue Gesetz dazu, sämtliche Verstösse ausser die Bagatellfälle anzuzeigen.

Zudem hätten Angeschuldigte meist nur «geringfügige» Bussen zu erwarten. Durchschnittlich liegen diese laut einer Statistik des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen bei rund 500 Franken. «Solche tiefen Strafen haben zweifelsohne keine abschreckende Wirkung», sagte Berger.

Das neue Tierschutzrecht enthalte zudem viele gut gemeinte aber nicht nachvollziehbare Bestimmungen, etwa die Ausnahmebestimmung zur Kettenhaltung von Hunden, bilanziert der STS.

Kantonale Unterschiede

Es gebe auch immer noch grosse kantonale Unterschiede beim Witterungsschutz. «Wir sehen nicht ein, weshalb eine Kuh im Kanton Bern schlechter geschützt sein soll als im Kanton Zürich», so Berger. Hier brauche es eine einheitliche Umsetzung nach dem Vorbild der Kantone Zürich, Aargau und St. Gallen. (SDA)

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