«Freude am Glauben» war das Thema des Vortrags, den der katholische Bischof Vitus Huonder vor gut zwei Wochen an einem Kongress in Deutschland hielt. Was er dabei sagte, war für Homosexuelle wohl weniger freudig. Ihre «Gräueltaten» sollen «mit dem Tod bestraft» werden, zitierte der Geistliche eine Stelle aus dem Alten Testament.
Der Schwulen-Dachverband Pink Cross sowie eine Privatperson aus St. Gallen haben Anzeige gegen Huonder eingereicht – wegen «öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit». Darauf stehen bis zu drei Jahre Knast. Was hat der Bischof zu befürchten?
«Alle Schwulen sind Schweine» bleibt straffrei
«Der Tatbestand von Artikel 259 StGB ist in diesem Fall nicht erfüllt», sagt Strafrechts-Professor Gerhard Fiolka von der Uni Fribourg zu Blick.ch. Auch wenn es «keinen Zweifel» daran gebe, dass die zitierte Bibelstelle und der gesamte Vortrag «deutlich homophob» seien – eine eindeutige Aufforderung, Schwule zu verletzen oder sogar zu töten, sei nicht gegeben. «Zudem erscheinen die Sanktionen im Alten Testament insgesamt recht grausam», sagt er.
Was aber, wenn sich jemand nach Huonders Aussagen dazu berufen fühlt, Schwulen Gewalt anzutun? Damit in Huonders Fall das Strafrecht greifen würde, müsste ihm Anstiftung zu Körperverletzung oder Tötung nachgewiesen werden können. «Dafür bräuchte es einen konkreten Vorsatz, der aber nicht gegeben ist», so Fiolka.
Wo hört die persönliche Meinung auf und wo fängt die Straftat an? Was passiert nach einer öffentlichen Aussage wie «alle Schwulen sind doch abartige Schweine»? «Gruppen sind nicht Gegenstand des Ehrverletzungsrechts», sagt Fiolka. Wird hingegen ein einzelner attackiert, kann er einen Strafantrag wegen Beschimpfung einreichen.
Und was, wenn jemand findet, dass «alle Schwulen umgebracht werden müssen»? «Das ist ein Graubereich», meint der Strafrechtler. Für einen Straftatbestand müsste aber bewiesen werden können, dass es sich «um eine ernsthafte Aufforderung» handelte.
Nationalrat gegen Schwulenhetze
Wer Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung öffentlich verunglimpft, fällt wegen der Lücken im Strafgesetz durch die Maschen. Allerdings könnte sich das bald ändern.
Der Nationalrat hat sich im März dafür ausgesprochen, die Antirassismus-Strafnorm zu erweitern. Damit möchte er Schwule, Lesben und Transsexuelle vor Diskriminierung schützen.