Gestern feierte Antonio N.* (58) ein kleines Jubiläum: Der Schreiner stand zum zehnten Mal vor Gericht. Dieses Mal nicht für seine Standardbetrügereien wie Wohnungsvermieter mit getürkten Einzahlungsbelegen hereinzulegen oder Prostituierte um ihr Geld zu prellen – sondern für sein vermeintliches Husarenstück aus dem Frühjahr 2018.
Da lieferte sich Antonio N. nämlich wegen Herzproblemen eigenmächtig in 15 Schweizer Spitäler ein. Noch dreister: Er deklarierte sich sogar als Privatpatient – um sich und seine Besucher mit Essen und Alkohol verwöhnen zu können. Schaden: rund 100'000 Franken.
Von Bett zu Bett als vermeintlicher Edelpatient
Wie er es schaffte, nacheinander gleich in den zwei Zürcher Stadtspitälern Waid und Triemli seine Show abzuziehen, mutet dabei fast unglaublich an. Am 15. März 2018 kreuzte Antonio N. wegen des Herzens im Stadtspital Waid auf. Er gab an, privat versichert zu sein. In Wirklichkeit war er aber ohne Obdach und finanziell am Ende (400'000 Franken Schulden). Ergebnis: Beim Austritt am 28. März hatte der falsche Patient 17'000 Franken an Kosten hinterlassen.
Rund einen Monat später suchte Antonio auch das Zürcher Triemli-Spital auf, wo er vom 19. bis zum 22. Mai logierte und wiederum als Privatpatient einen Schaden von 23'000 Franken verursachte. BLICK wollte von beiden Spitälern wissen, wie es dem Betrüger gelang (er benutzte sogar seinen richtigen Namen) die Verantwortlichen in die Irre zu führen.
Ein Antrag ist noch keine Privat-Police
«Wir geben keine Auskünfte über Patientinnen und Patienten», so Myriam Flühmann, Kommunikationsleiterin der Stadtspitäler. Nur so viel: Die Gesundheit und die bestmögliche Behandlung der Patienten habe oberste Priorität. Und: Bei Bedarf würde die Überprüfung des Versicherungsstatus im Nachhinein vorgenommen.
Pikant: BLICK-Recherchen ergeben, dass das betroffene Waid-Spital bereits anderntags erfahren hatte, dass der «Notfall» nicht zusatzversichert war. Darauf behauptete der Schreiner aber frech, er habe einen entsprechenden Antrag eingereicht. Diese Ausflucht genügte dem Spital – Antonio N. durfte im grosszügigen Einzelzimmer bleiben.
Als das Spital endlich erfuhr, dass der Antrag abgelehnt worden war, lag der Schmarotzer schon im nächsten Spitalbett. Seine neue Heimat: das Zuger Kantonsspital. Dabei war sogar für den Scheinkranken klar: «Ein Antrag ist noch keine Police», wie er bei der Polizei zu Protokoll gab. Und die ganzen ungedeckten Kosten? Dies nehme er mit «Herzschmerz» zur Kenntnis, so der Gauner.
Drei Jahre Knast
Das Zürcher Bezirksgericht verurteilte den geständigen Profibetrüger gestern zu drei Jahren Knast. «Sie haben auf perfide Art das Vertrauen ihrer Opfer ausgenützt», so der Gerichtspräsident zu Antonio N.
Der Spitaltourist gab sich geläutert: «Ich habe mir geschworen, nie mehr so etwas zu machen.» Und, kein Scherz: Er habe nun tatsächlich am Herzen operiert werden müssen.
* Name geändert
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