Angesteckt im Spital
500 Schweizer sterben an der Grippe

In Spitälern sollen Patienten eigentlich von Krankheiten und Verletzungen geheilt werden. Stattdessen infizieren sich immer mehr Menschen dort mit gefährlichen Viren-Erkrankungen. Hochrechnungen ergeben gar einen neuen Rekord in der Schweiz. Nun sollen Kinder Spitalverbot erhalten.
Publiziert: 08.11.2015 um 03:28 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 16:06 Uhr
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In Schweizer Spitälern dürften sich so viele Patienten mit der Grippe angesteckt haben wie noch nie.
Foto: Urs Keller

Das einzige Spital der Schweiz, welches systematisch alle Fälle von im Krankenhaus mit Viren infizierten Patienten registriert, ist das Universitätsspital in Genf (HUG). Insgesamt 478 Grippe-Fälle behandelte man dort im vergangenen Winter. Bemerkenswert: Über ein Drittel der Infektionen zogen sich die Patienten erst im Spital zu. Die Zahl war noch nie so hoch.

Da kein anderes Spital der Schweiz die Fälle so genau auflistet wie das HUG, lassen sich für den Rest des Landes nur Hochrechnungen anstellen. Didier Pittet, Professor und verantwortlicher Chefarzt in Genf, glaubt aber, dass die Zahl hoch ist: «Man muss davon ausgehen, dass im vergangenen Winter schweizweit mindestens 500 Patienten an der nosokomialen Grippe (Grippe-Viren, mit denen sich der Patient erst im Spital angesteckt hat) gestorben sind», sagt er gegenüber der «SonntagsZeitung». Zum Vergleich: 2014 kamen auf Schweizer Strassen insgesamt 250 Menschen bei einem Unfall ums Leben.

Besuchverbot für Kleinkinder gefordert

Ein Grund für die verheerende Statistik könnte in der mangelhaften Vorkehrung liegen. Nur auf gewissen Abteilungen ist in Spitälern das Tragen von Schutzmasken obligatorisch. Dazu kommt: Die Impfquote des Spitalpersonals liegt in der Schweiz bei gerade einmal rund 20 Prozent. Dabei wäre gerade sie zentral zum Schutz der Patienten.

In mehreren deutschschweizer Spitälern will man nun aber konsequenter gegen die Grippe vorgehen. Am radikalsten ist dabei das Uni-Spital in Basel. Der Chef-Spitalhygieniker Professor Andreas Widmer fordert gar ein Besuchsverbot für Kleinkinder während der Grippe-Saison. Denn diese seien regelrechte Viren-Schleudern und kaum zum Tragen von Schutzmasken bereit.

Auch die Universitätsspitäler in Bern und Zürich passen ihr Vorgehen in der Grippezeit nun an, wie die «SonntagsZeitung» weiter schreibt. Im Berner Inselspital wird die Maskentragepflicht auf das gesamte ungeimpfte Personal ausgeweitet. Zudem will man die Registrierung der Ansteckungsfälle verbessern. Und in Zürich startet ein neues Projekt mit sogenannten «Tracking-Chips», mit denen besser ermittelt werden kann, wo sich Patienten genau mit einem Virus angesteckt haben. (cat)

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