Angeklagte Cassandra D. (27) am Mord-Prozess
«Ich bin der Tubel vom Dienst»

Cassandra D.* (27) soll ihren Vater Rolf B. (†56) umgebracht haben und soll dafür 15 Jahre ins Gefängnis. Vor Gericht beteuert sie ihre Unschuld.
Publiziert: 14.06.2017 um 13:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 09:25 Uhr
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Cassandra D. auf dem Weg aus dem Gerichtssaal in Schaffhausen.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Das Kantonsgericht Schaffhausen verhandelt seit heute Morgen eines der blutigsten Familiendramen der letzter Jahre. Cassandra D.* (27) soll ihren Vater Rolf B. (†56) umgebracht haben. Dieser hatte zuvor ihren Partner Kenan D.* (†26) lebensgefährlich verletzt. Der mehrfachen Lehrabbrecherin drohen laut Anklage 15 Jahre Haft wegen Mordes.

Was ist passiert? Vor Gericht wurden heute die brutalen Details der Tat bekannt. Die Familiensituation habe sich schon seit Jahren zugespitzt. Mutter Marijana (54) sei eine Trinkerin und habe deshalb Cassandras Vater ständig gedemütigt. Im Elternhaus kam es deswegen sehr häufig zu Streitereien.

Cassandra brennt mit Kenan durch

Um dieser Situation zu entkommen, begibt sich Cassandra B. im Sommer 2015 in psychologische Behandlung. Dort trifft sie auf Kenan D., in den sie schon seit ihrer Schulzeit verliebt ist. Nach zwei Tagen brennen die beiden Arbeitslosen durch und heiraten wenige Wochen darauf. Cassandra schwärmt: «Es war Schicksal – Liebe auf den ersten Blick!»

Im ohnehin schon zerstrittenen Elternhaus in Hemmental SH sorgt diese Liaison für weiteres Explosionspotenzial. Im Oktober, zwei Monate vor der Bluttat, kommt es zu einer wüsten Schlägerei. Die Eltern werden von Kenan D. verprügelt und verletzt – kurzzeitig kommt der Schwiegersohn deswegen in Haft.

Danach reist das mittellose Paar auf Pump in die Flitterwochen nach Paris. Als sie nach zwei Monaten in Frankreich zurückkehren, haben sie kein Geld mehr. Am späten Abend des verhängnisvollen 13. Dezembers 2015 statten die beiden Cassandras Eltern einen Besuch ab.

Kenan greift Vater an

Weil sich nur ihre Tochter  angekündigt hatte, öffnet Vater Rolf die Tür. Mama Marijana begrüsst sie und geht dann duschen. Bloss: Kenan D. schleicht sich mit Schlagring und Messer bewaffnet ebenfalls ins Haus und begibt sich in die Küche, wo er auf Schwiegervater Rolf losgeht. Dieser schnappt sich zur Verteidigung ein Küchenmesser.

Während die beiden Männer auf Leben und Tod kämpfen, hält Cassandra ihre Mutter in der Dusche fest. Nach einiger Zeit ruft Kenan um Hilfe: «Schatz, chumm mir go hälfe, ich magä nümma!» Brutal: Sie gehorcht und sticht von hinten 49-mal auf ihren Vater ein! Mutter Marijana wird später den Ermittlern beschreiben, sie habe «gruusige» Schneidegeräusche gehört. «Wie wenn man ein Spanferkel aufschlitzt!» Rolf B. stirbt darauf binnen weniger Minuten an starkem Blutverlust.

Mutter rennt nackt aus der Wohnung

Während Cassandra ihrem Liebsten zur Hand geht, flüchtet Mama Marijana nackt aus der Wohnung und alarmiert bei Nachbarn die Polizei. Das Täter-Paar ist eingeschlossen, weil aus Angst im Vorfeld die Schlösser gewechselt wurden. Der Nachbar am Notruf: «Grüeziwohl, kommen Sie bitte wieder zur Hauptstrasse 3. Die bringen sich da unten um!»

Durch das WC-Fenster flüchtet Cassandra, passt ihre Mutter ab, zwingt sie mit dem Messer in die Wohnung zurück. Als sie merkt, dass Abhauen wegen der schweren Kampfverletzungen von Kenan unmöglich ist, ruft sie selbst die Polizei. Und behauptet dreist: Ihr Ehemann sei von ihrem Vater niedergestochen worden und man solle schnell kommen.

Cassandra: «Ich bin der Tubel vom Dienst»

Dass Rolf B. ebenfalls tödlich verletzt wurde, verschweigt sie. Aber darauf stirbt auch Kenan an seinen schweren Stichverletzungen. Die blutige Bilanz: Kenan D. und Rolf B. sind tot, Mutter und Tochter verletzt. Bei beiden klicken die Handschellen. Später im Verfahren wird die Mutter entlastet und von jeglicher Schuld freigesprochen.

Trotz der Beweise behauptet Cassandra heute vor Gericht, die beiden Männer hätten sich gegenseitig umgebracht. «Und ich bin jetzt der Tubel vom Dienst! Als könnte ich jemandem ein Haar krümmen!», hadert die junge Frau. Sie stellt den Fall Hemmental wortgewandt als Tragödie dar und jammert: «Ich weiss nicht, wie ich ohne meinen Vater leben soll, mein Traummann ist auch weg. Mein Leben ist ruiniert!»

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