Amputations-Pfusch in Tessiner Nobel-Klinik
Patientin wacht ohne Brüste auf

Eine Frau will sich in der renommierten Tessiner Klinik Sant'Anna in Lugano wegen eines Tumors operieren lassen. Dort kommt es jedoch zu einer tragischen Verwechslung.
Publiziert: 10.07.2015 um 10:26 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:11 Uhr
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Die Klinik Sant'Anna bei Lugano. Hier kam es zur tragischen Verwechslung.
Foto: Keystone/TI-Press/Samuel Golay

Die Nobel-Klinik Sant'Ana will ihren Gästen Spitzen-Medizin an exklusiver Lage über der Stadt Lugano bieten. Erst im vergangenen März soll dort die Freundin des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Kind zur Welt gebracht haben. Jetzt wird jedoch ein Fall publik, der dem Ruf der Klinik grossen Schaden zufügen könnte.

Vor ziemlich genau einem Jahr ereignet sich in der Klinik in Sorengo TI eine folgenschwere Operation. «Der Eingriff wurde am 8. Juni vorgenommen. Als ich in den Operationssaal geschoben wurde, war ich bereits betäubt», sagt eine 67-jährige Frau gegenüber der Tessiner Zeitung «La Regione». Was danach folgt, verändert ihr Leben für immer.

«Als ich wieder aufgewacht bin, war es ein Schock!»

«Der Arzt sollte mir einen Tumor operativ entfernen, der sich hinter einer meiner Brustwarzen gebildet hatte», erklärt die Frau. Doch der kleine Eingriff wurde stattdessen grösser als erwartet: Auf dem Operationstisch wurden der Patientin beide Brüste entfernt.  «Als ich wieder aus der Narkose aufgewacht bin, war es ein absoluter Schock!»

«Komplette beidseitige Amputation» nennt sich der Eingriff, der vorwiegend bei Brustkrebs-Patienten angewendet wird. Doch warum wurde er bei der 67-Jährigen angewendet? «Der Arzt erklärte mir nach der OP, dass sich der Tumor stärker ausgebreitet hatte, als angenommen», sagt die Patientin. Deshalb hätten beide Brüste entfernt werden müssen.

Plötzlich eine neue Version

Die Frau aus dem Südtessin misstraut dieser Version aber und stellt Nachforschungen an. Im vergangenen November dann ein unerwarteter Telefonanruf. «Mich hat der behandelnde Arzt angerufen. Er wollte mich kurzfristig zu einem Gespräch treffen», sagt sie. Beim Treffen dabei ist auch Fulvio Pelli, ehemaliger Präsident der Schweizer FDP und nun Anwalt der Klinik.

Vom Arzt erhält die Frau plötzlich eine neue, schockierende Version der Geschehnisse. «Mir wurde gesagt, dass sich damals ein Fehler ereignet habe. Im Operationssaal seien Patienten vertauscht worden.»

«Das ist wirklich schlimm!»

Dass die Klinik rund vier Monate gewartet hat, bis sie der Patientin die Wahrheit über den fatalen Irrtum gestand, habe mit dem Schutz der Patientin zu tun. Man habe die Frau so kurz nach dem Eingriff nicht traumatisieren wollen, heisst es in einer Stellungnahme des Arztes gegenüber dem Staatsanwalt.

Die Patientin will diese Entschuldigung nicht einfach so hinnehmen. Vergangenen Mai erstattet sie in der Sache Anzeige. Ihr gehe es nicht um finanzielle Entschädigung. Aber sie wolle, dass die Öffentlichkeit von dieser Schlamperei erfahre. «Ich möchte, dass anderen mein Leidensweg erspart bleibt.»

Der Anwalt der Patientin, Mario Branda, prangert auch das Vorgehen der Verantwortlichen nach dem Gespräch mit der Frau an: «Die Klinik liess den Fall von sich aus nicht weiter untersuchen. Das ist wirklich schlimm!»

Die Klinik wurde erst kürzlich überprüft

Die Ermittlungen in dem Fall sind noch im Gang. Auch Giorgio Merlani will die genauen Umstände dieser Verwechslung abklären. Laut dem Tessiner Kantonsmediziner habe man erst im vergangenen Januar die Sicherheit und die Arbeitsabläufe in der Klinik Sant'Anna überprüft. «Eine absolute Gewissheit existiert aber leider nie», sagt Merlani zu dem Fall. (cat)

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