Bei der Post und an grösseren Bahnhöfen hat man sich daran gewöhnt: Am Eingang zieht man ein Nümmerli. Und starrt dann gebannt aufs Display, das einem zeigt, wo man in wie vielen Minuten bedient wird – das dauert zuweilen eine gefühlte Ewigkeit.
Nun testet die Apothekenkette Amavita ebenfalls ein Nümmerli-System. In den Filialen im Glattzentrum in Wallisellen ZH und am Bahnhof Bern läuft ein Pilotversuch. An Spitzentagen werden dort bis zu 1000 Kunden bedient. «Wir wollen so Konflikte zwischen Kunden beim Anstehen reduzieren», sagt Galenica-Sprecher Mathias Forny zu BLICK. Die 155 Amavita-Apotheken gehören zur Galenica-Gruppe. Zudem könnten die Kunden die Wartezeit nutzen, um sich in Ruhe das Sortiment anzuschauen.
Ein erstes Fazit fällt positiv aus. «Das System verhindert Auseinandersetzungen zwischen Kunden, wer als Nächstes an der Reihe ist», sagt Forny. Das entlaste die Mitarbeitenden. «Sie können sich ganz der Beratung des Kunden widmen.»
Ein weiterer Vorteil des Systems: «Wir erreichen so ein hohes Mass an Diskretion. Die Kunden können Abstand halten, ohne Angst um ihren Platz in der Reihe haben zu müssen», sagt der Galenica-Sprecher.
Auch die Bahnhof-Apotheke im HB Zürich hat die Einführung von Nümmerli geprüft. Die Idee wurde nach einer Umfrage aber wieder verworfen. «Über die Hälfte der Kunden empfindet das System als unangenehm», sagt Megy Keller, Apothekerin und Geschäftsleitungsmitglied. Zudem sei es vielen Kunden wichtig, von ihrer Bezugsperson persönlich beraten zu werden.
Statt auf Nümmerli setzt die Apotheke im grössten Bahnhof der Schweiz deshalb auf sogenannte «Floormanager». Ihr Job: Sie leiten die Kunden zu den Beratungsplätzen und Spezialisten weiter. «Dieser Mitarbeiter weiss immer, wer an der Reihe ist», sagt Keller. Das System sei menschlich und effizient. «Und niemand muss sich als Nummer fühlen», sagt sie.
Thomas Hochreutener (61) ist nicht wirklich überrascht, dass in der Schweiz nun erste Versuche mit den Nümmerli laufen. «Im Ausland sieht man das schon öfters», sagt der Direktor Handel des Marktforschungsinstituts GfK Switzerland. Er zweifelt allerdings, ob die Schweizer Kunden das Ticket-System goutieren. «Mich persönlich spricht es nicht an», gesteht er. Und doch hält er es durchaus für möglich, dass wir bald auch an der Fleischtheke beim Grossverteiler ein Ticket ziehen müssen. «Im Ausland haben sich die Kunden daran gewöhnt», sagt der Detailhandelsexperte.
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