Für die Debatte in der grossen Kammer hatten sich 49 Rednerinnen und Redner eingeschrieben. Die Mehrheit der Sozialkommission empfahl das Volksbegehren zur Ablehnung. Dagegen sprachen sich die Bürgerlichen aus. SP und Grüne befürworteten es. Der Nationalrat beschloss das Nein mit 131 zu 49 Stimmen und zwei Enthaltungen.
Die Volksinitiative «AHVplus - für eine starke AHV» des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds ist als Druckmittel zu den Reformplänen des Bundesrats für die Altersvorsorge gedacht. Sie verlangt eine Erhöhung aller AHV-Renten um zehn Prozent. Wie die Erhöhung finanziert wird, lässt der Initiativtext offen.
Mit der Initiative würde die durchschnittliche Rente für Alleinstehende um 200 Franken im Monat erhöht, für Ehepaare um 350 Franken. Kosten würde dies zurzeit rund 4 Milliarden Franken im Jahr und bis 2030 sogar 5,5 Milliarden Franken. Damit stünde die AHV laut der bürgerlichen Mehrheit bis 2030 mit 13 Milliarden Franken in der Kreide.
Gegnerinnen und Gegner führten denn auch vor allem fehlende Mittel für höhere Renten ins Feld sowie die Verschuldung der AHV und die Alterung der Gesellschaft. Eine Erhöhung nach dem Giesskannenprinzip nütze vor allem den Besserverdienenden, machten sie geltend.
Für Bezüger von Ergänzungsleistungen (EL) würde die Initiative die Situation verschlechtern, sagte Barbara Schmid-Federer (CVP/ZH). Wenn die AHV-Renten um zehn Prozent steigen würden, würden die EL entsprechend gekürzt. Und im Gegensatz zu den EL müsse die AHV-Rente versteuert werden.
Bruno Pezzatti (FDP/ZG) forderte, die AHV zu sanieren anstatt mit einem realitätsfremden Ausbau das wichtigste Schweizer Sozialwerk zu gefährden. Die SVP nannte die Initiative «unvernünftig, unsozial, wirtschaftsfeindlich und egoistisch», wie Sebastian Frehner (BS) es ausdrückte. «Sie nützt nur den Reichen.»
Maja Ingold (EVP/ZH) fragte sich, weshalb die Initianten derart hohe Kosten in Kauf nehmen wollten für so wenig Nutzen. Mit den 4 Milliarden könne man anderes tun: Jugendliche coachen, Senioren beim Leben zu Hause begleiten oder Menschen befähigen, weniger von staatlichen Institutionen abhängig zu sein.
SP und Grüne engagierten sich für die Initiative. Dank steigender Einkommen und des Beschäftigungswachstums stehe die AHV finanziell gut da, trotz der steigenden Zahl von Rentnerinnen und Rentnern. Sie erinnerten an die Verfassungsbestimmung, wonach die Rente es gestatten muss, das gewohnte Leben angemessen weiterzuführen.
Die Erhöhung liege finanziell drin, betonte Silvia Schenker (SP/BS). «Sie kostet die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer je 0,4 Lohnprozente.» Das sei verkraftbar angesichts des Stillstandes von vierzig Jahren bei den AHV-Lohnbeiträgen.
Margret Kiener Nellen (SP/BE) unterstrich mit einem Transparent, dass angesichts einer Billion steuerfreier Dividenden für Aktionäre genug Geld vorhanden sei für höhere AHV-Renten. Ratspräsidentin Christa Markwalder (FDP/BE) wies Kiener Nellen darauf hin, dass sie «an einem Rednerpult und nicht an einem Zeigepult» stehe.
Die Befürworter wiesen auf eine Entlastung der Gemeinden hin. Mit höheren Renten seien weniger Menschen auf Ergänzungsleistungen angewiesen, sagte Thomas Hardegger (SP/ZH). Im Jahr 2000 seien es 139'000 gewesen und 2014 193'000, doppelte Claudia Friedl (SP/SG) nach. Aus falschem Stolz verzichteten viele darauf, EL zu beantragen.
Alexander Tschäppät (SP/BE) kritisierte, dass Bürgerliche die AHV konsequent schlechtredeten, obwohl es ihr finanziell gut gehe. «Das Gespenst der Demografie wird an die Wand gemalt und der Kollaps der AHV vorausgesagt. Das erwies sich als Wortschrott.» Ein Nein zur Initiative nütze der Geldelite.
Die Mehrheit der Sozialkommission (SGK) stellte sich auch deshalb gegen die Initiative, weil diese die Reform der Altersvorsorge («Altersvorsorge 2020») untergraben würde, wie Schmid-Federer sagte. Schenker stellte dazu fest, die SGK-Mehrheit habe der Minderheit verwehrt, die Initiative im Kontext der Reformvorlage zu behandeln.
Der Ständerat hat sich schon im Sommer gegen «AHVplus» ausgesprochen. Auch der Bundesrat empfiehlt das Begehren ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Sozialminister Alain Berset erinnerte im Rat daran, dass der Bundesrat diesen Weg und die damit verbundene schwierige Diskussion der Initiative vorziehe.
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