Häftling Hassan Kiko (27) fragte seine Aufseherin Angela Magdici (33) im Februar im Bezirksgefängnis Limmattal ganz offen: «Kannst du mich rauslassen?»
Die Staatsanwaltschaft bewertet dies als Anstiftung zum Entweichenlassen. Daher fordert sie für Kiko sechs Monate Gefängnis – unbedingt. Doch womöglich bewahrt ihn ein altes Bundesgerichtsurteil vor einer Verurteilung.
Das höchste Schweizer Gericht kam 1989 in einem Thurgauer Fall zum Schluss, dass nicht nur die Selbstbegünstigung – also die Flucht – straflos bleibt, sondern auch die Anstiftung dazu.
Magdici baute fast Crash vor den Knast-Toren!
Auf diesen Entscheid stützt sich das Bezirksgericht Dietikon ZH in einer Verfügung. «Im Lichte dieser klaren und mittlerweile langjährigen bundesgerichtlichen Praxis (...) scheint das in der Anklage umschriebene Verhalten keinen Straftatbestand zu erfüllen», schreibt der Einzelrichter.
Doch die Bundesrichter hatten den Strafverfolgern damals ein Hintertürchen offen gelassen: Wenn noch andere Straftatbestände im Raum stünden, sei die Lage anders. Etwa falls ein Häftling mittels Drohung oder Nötigung getürmt sein sollte. Davon wird in der Anklage allerdings nichts erwähnt. Richter Bruno Amacker wertet dies als fehlende Prozessvoraussetzung: «Dieser Mangel wäre nicht zu beheben, da er nicht korrigierbar ist und ein Urteil definitiv nicht ergehen könnte.» Amacker hat den Parteien eine Frist gesetzt, um Stellung zu nehmen.
«Ein Küsschen im Büro des Staatsanwalts»
Die von BLICK angefragte leitende Staatsanwältin Claudia Wiederkehr von der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis hält an ihrer Anklage fest: «Selbstredend schätzen wir die rechtliche Lage anders ein als der erstinstanzliche Einzelrichter, sonst hätten wir keine Anklage erhoben. Eine Anstiftung zu diesem Delikt ist aus unserer Sicht sehr wohl möglich. Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die durch die Gerichte zu entscheiden ist und nicht durch die Anklagebehörde.» Hofft sie etwa auf einen neuen, anderslautenden Entscheid des Bundesgerichts?
Für Hassan Kikos Anwalt Valentin Landmann ist der Fall klar: «Mein Mandant ist in zweifacher Hinsicht unschuldig. Einerseits hat er nur eine Frage gestellt, anderseits bleiben alle Selbstbegünstigungshandlungen straffrei.»
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