Alle wollen weg von christlichen Begriffen
Nicht nur «Salto» verzichtet auf «Natale»

«Salto» verzichtet auf «Natale», «Fastenopfer» ist «Fastenaktion»: Was hinter dem plötzlichen Verzicht auf christliche Begriffe in Namen steckt.
Publiziert: 02.04.2022 um 11:14 Uhr
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Der Winterzirkus Salto Natale verzichtet nach 20 Jahren auf den Zusatz Natale.
Foto: LukasPitsch (ZVG/PRESSEBILD)
Daniel Arnet

Bis Ostern läuft die christliche Fastenzeit. In diesen Tagen kursiert allenthalben das Opfersäckli, mit dem ein römisch-katholisches Hilfswerk in der Schweiz für benachteiligte Menschen im globalen Süden Geld sammelt. Hunger und Armut überwinden und einstehen für eine gerechtere Welt: Das sind die zentralen Anliegen des 1961 gegründeten Fastenopfers. Seit diesem Jahr heisst es Fastenaktion.

«Mit dem neuen Namen wollen wir einen Schritt in die Zukunft machen und bei einem breiteren Publikum Interesse wecken», sagt Maggie Pfister, Bereichsleiterin Kommunikation von Fastenaktion. «Insbesondere jüngere Menschen konnten keine Beziehung mehr zu Fastenopfer aufbauen.» Umfragen hätten gezeigt, dass viele Menschen sich von der Doppelnegation Fasten und Opfer abgeschreckt fühlten.

Die CVP heisst seit letztem Jahr Die Mitte

Damit verschwindet der kirchliche Begriff des Freitagsopfers, mit dem Katholiken in Gedenken an die Leiden Jesu Christi aufgefordert sind, eine Spende zu entrichten. Stattdessen wirbt das in Luzern ansässige Hilfswerk nun mit dem wertneutralen, religionsunabhängigen und dynamischen Begriff Aktion. Dieser Wandel weg von christlichen Begriffen ist kein Einzelfall in neuester Zeit.

Erst letztes Jahr änderte die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) ihren Namen in Die Mitte. Und diese Woche verkündete der Winterzirkus Salto Natale von Gregory Knie (44), auf den Zusatz Natale (ital. für «Weihnachten») zu verzichten und sich nur noch Salto zu nennen. Eine konsequente Haltung in einer Zeit, in der man sich nicht mehr «friedliche Ostern» oder «schöne Weihnachten», sondern nur noch «frohe Festtage» wünscht.

Bei Salto betont man zwar, dass Natale nie etwas mit Weihnachten zu tun hatte: «Natale stand bei der Namensgebung vor 20 Jahren für die Geburt», sagt Anja Walder. «Zum 20-Jahr-Jubiläum sind wir der Überzeugung, dass das Salto-Natale-Baby nun erwachsen geworden ist und aus diesem Grund das Natale wegkommt – plakativ, einfach und zeitgemäss.» Doch es lässt sich nicht wegdeuteln: Die ganze Schweiz verband den Begriff Salto Natale mit Weihnachtszirkus.

Fast die Hälfte aller Akademiker ist religionslos

Es ist kein Wunder, dass gerade jetzt mehrere Organisationen christliche Begriffe in ihren Namen streichen: Einerseits nimmt durch Kirchenaustritte die Zahl der Religionslosen stetig zu, andererseits will man auch Menschen anderer Religionen ansprechen und für sich gewinnen können – insbesondere die stetig steigende Zahl der Muslime. «Sich der Zeit anpassen», nennt man das bei Salto, und bei Fastenaktion heisst es: «Darum suchten wir nach einer Weiterentwicklung des Namens, der jünger, frischer und offener wirkt und eine Handlung zeigt.»

Die aktuellsten Zahlen zeigen: In der Schweiz leben erstmals mehr Religionslose (29,4 Prozent) als Evangelisch-Reformierte (22,5 Prozent) – besonders hoch ist der Anteil der Religionslosen in der kaufkräftigen Akademikerschicht (43,7 Prozent). Da kann auch der schwindende Anteil der Römisch-Katholischen (34,4 Prozent) nicht mehr mithalten – und angesichts der immer wieder neu aufgedeckten Missbrauchsskandale lässt sich mit dieser Kirche kaum Werbung machen.


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