Alda Fogliani spricht ganz offen über einen umstrittene Tradition im Tessin
«Bei uns kommt noch Katze auf den Teller»

Europa diskutiert über Pferdefleisch – im Tessin isst man noch immer Katzen. Jetzt soll sich der Bundesrat äussern.
Publiziert: 17.02.2013 um 17:05 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:44 Uhr
Keine Angst: Katze Zoe landet nicht im Kochtopf. Alda Fogliani (66) isst heute keine Katzen mehr.
Foto: Remy Steinegger
Von Leo Ferraro

Kaum jemand wird öffentlich gestehen, sich ab und zu ein Büsi zu braten. Ganz anders im nördlichen Tessin. Dort hat das Menü «Miau Miau» eine lange Tradition – und sie währt bis heute.

«Ich kenne eine Familie, bei der einmal im Jahr Katze auf den Teller kommt. Meistens an Weihnachten», sagt Alda Fogliani (66). Auch andere Bekannte servieren noch heute Katzenfleisch «vom Bauern». Die pensionierte Journalistin aus Biasca TI weiss noch, wie man Büsi kocht: «Wenn Sie mir eine Katze bringen, bereite ich sie gerne zu», sagt sie. Schliesslich war ihre Mutter eine bekannte Katzenköchin.

«Heute schmecken Katzen nach Dosenfutter»

Fogliani selber isst keine Katzen mehr. Der Grund: Heutige Hauskatzen seien ungeniessbar, weil sich der Geschmack vom Dosenfutter im Fleisch festsetzt. Aber «ich weiss, dass frisches Katzenfleisch fantastisch schmeckt.»

Bald wird sich der Bundesrat mit dem Thema beschäftigen müssen. Dass in der Schweiz nur der Handel mit Haustierfleisch verboten ist, nicht aber, sie zu essen, will Lukas Reimann (31) jetzt ändern. Im März reicht er eine Interpellation zum Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch ein. Der SVP-Nationalrat will vom Bundesrat wissen,  wie verbreitet der Brauch ist, wie die Tiere geschlachtet werden und wie sich der Bundesrat zu einem generellen Verbot des Verzehrs stellt. «Es ist krank, Hunde und Katzen zu essen», macht der ehemalige Hundehalter klar. Der Gedanke erfülle ihn «mit Wut und Ekel».

Bis zu 200 Hunde- und Katzenesser

Die Schweiz – ein Land von Hunde- und Katzenfressern? Immer wieder tauchen Medienberichte auf, die über das Phänomen berichten. Zuletzt sorgte Ende Dezember der Fall eines Bauern aus der Ostschweiz weltweit für Aufsehen. Er erzählte, wie er aus Hunden Mostbröckli herstellen lässt. Das sorgte sogar in den USA und England für Schlagzeilen.

Der Schweizer Tierschutz (STS) schätzt, dass heute in der Schweiz etwa 100 bis 200 Menschen regelmässig Hunde- und Katzenfleisch essen. Der Verein unterstützt Reimanns Interpellation. Der Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch sei nicht mehr zeitgemäss. «Selbst wenn es sich heute nur noch um ein Randphänomen handeln sollte, ist ein Verbot gerechtfertigt», sagt Geschäftsführer Hansuli Huber. Das Fleischangebot sei heute so gross, dass der Konsum von Haustieren nicht mehr zu rechtfertigen sei. «Ausserdem ist beim privaten Verzehr die fachgerechte Schlachtung nicht gewährleistet.» Huber hofft, dass dann auch die Negativschlagzeilen im Ausland verschwinden. «Das ist jedes Mal ein Imageschaden für das Land.»

Katzen zu schlau für Fallen

In Teilen des Tessins war Katzenfleisch einst so gewöhnlich wie «Poulet im Körbli». Das Misox heisst im Volksmund noch immer «Val di Gatt’» – Tal der Katzen. Was früher aus Armut geschah, ist heute oft ein Partygag. Fogliani: «Sobald ein Gast sagt, er habe noch nie so gutes Kaninchen gegessen, outet sich der Gastgeber und alle lachen.» Alda Fogliani hat deshalb keine moralischen Bedenken. Manche jagten Wildkatzen, manche nähmen verunglückte ­Tiere.

Ihren verstorbenen Nachbarn nannte man «Mazzagatti» – Katzenkiller, weil er immer Katzenfleisch im Gefrierschrank hatte.

Der Tessiner Gualtiero Rossetti (85) machte früher mit dem Flobert-Gewehr Jagd auf wilde Katzen. Er erinnert sich, wie andere erfolglos Bärenfallen aufstellten: «Katzen sind für die Fallen viel zu schlau.»

«Horsegate» – Spur führt zu uns

Spur führt zu uns  Eine Spur im Pferdefleisch-Skandal führt zur Liechtensteiner Firma Hilcona – und von dort möglicherweise ins sanktgallische Gossau. Hilcona stellte für Lidl Tortelloni her, in denen man Pferdefleisch fand. Auf ihrer Website schreibt Hilcona nun, Lieferant für das Tortelloni-Fleisch sei unter anderem eine Firma in Gossau. Diese war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Hilcona gehört knapp zur Hälfte Bell, dem grössten Schweizer Fleischverarbeiter.  

Spur führt zu uns  Eine Spur im Pferdefleisch-Skandal führt zur Liechtensteiner Firma Hilcona – und von dort möglicherweise ins sanktgallische Gossau. Hilcona stellte für Lidl Tortelloni her, in denen man Pferdefleisch fand. Auf ihrer Website schreibt Hilcona nun, Lieferant für das Tortelloni-Fleisch sei unter anderem eine Firma in Gossau. Diese war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Hilcona gehört knapp zur Hälfte Bell, dem grössten Schweizer Fleischverarbeiter.  

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