Die Iranerin Raziyeh Jalili kreiert Schmuck und wurde dafür bei den WorldSkills in Genf mit Gold ausgezeichnet. Doch nach der Verleihung trat sie an das Rednerpult und zog die Medaille ab – und zwar aus Protest. Im Iran finden seit etwa einem Monat heftige Demonstrationen gegen das frauenfeindliche Regime statt. Auslöser ist der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini (†22). Sie war am 16. September in Teheran ums Leben gekommen, nachdem sie von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Sie hatte ihr Kopftuch angeblich nicht vorschriftsgemäss getragen.
Seitdem kommt es im Iran zu Protesten, bei denen Sicherheitskräfte immer wieder massiv Gewalt gegen Demonstranten einsetzen. Mit der Rückgabe der Medaille will Jalili auf die dramatische Situation in ihrem Heimatland aufmerksam machen.
Was genau sie in ihrer Rede sagte, wollte der Veranstalter auf Anfrage von Blick nicht preisgeben. «Es ist nicht unsere Aufgabe als Veranstalter, in einem relativ kleinen Kreis gemachte Aussagen einem grossen Publikum zugänglich zu machen», sagt Roland Hirsbrunner, Mediensprecher der SwissSkills, zu Blick. Zwar gebe es ein Video von der Rede, dieses werde aber zum Schutz der betroffenen Person nicht veröffentlicht.
Nach ihrer Protest-Rede fuhr Jalili mit ihren Betreuern zurück in ihr Hotel, erklärt Hirsbrunner. Dort wurde sie von der Genfer Polizei darüber informiert, dass sie in der Schweiz bleiben und Schutz beantragen könne. Dennoch entschloss sich die junge Frau dazu, in ihre Heimat, den Iran, zurückzukehren. Was mit ihr passierte, nachdem sie die Schweiz verlassen hatte, ist unklar.
Rückkehr in den Iran war Jalilis persönliche Entscheidung
«Wir hoffen sehr, dass Raziyeh Jalili in ihrer Situation für sich die richtige Entscheidung getroffen hat», so Hirsbrunner. Schliesslich könne der Veranstalter sich nicht anmassen, Jalilis Situation zu beurteilen. Man sei aber froh darüber, dass die Schmuckdesignerin über ihre Rechte und Möglichkeiten aufgeklärt worden sei. Ob sie die Medaille schlussendlich angenommen hat oder zurückgab, wisse der Veranstalter nicht.
Die WorldSkills fanden dieses Jahr an verschiedenen Standorten statt, darunter auch Genf. Ursprünglich war die Veranstaltung bereits im Mai in Shanghai geplant, wegen der Pandemie musste sie aber abgesagt werden.
Der Fall von Jalili erinnert an die iranische Kletterin Elnaz Rekabi (33), die aus Protest bei den Asienmeisterschaften ohne Kopftuch antrat. Für Sportlerinnen aus dem Iran ist das aber streng vorgeschrieben. Die Kletterin kehrte wie Jalili in den Iran zurück. Auch in Rekabis Fall ist nicht bekannt, was ihr in der Heimat widerfahren ist. (jwg)