Ein heftiges Unwetter zog am Mittwochabend über die Schweiz. Von den Unwettern mit Hagel und kräftigem Niederschlag besonders betroffen waren die Kantone Aargau und Zürich sowie die Ostschweiz. Aber auch in Bern musste die Feuerwehr mehrmals ausrücken.
Allein im Raum Zürich kam es zwischen 18.30 Uhr und 23.00 Uhr zu über 700 Feuerwehreinsätzen, wie die Zürcher Notfallorganisation Schutz & Rettung in der Nacht auf Donnerstag mitteilte.
Besonders betroffen war demnach das Zürcher Unterland, wo mehrere hundert Notrufe eingingen. So traten mehrere Bäche über die Ufer, und Bäume stürzten um. Es seien an einzelnen Orten ganze Strassenzüge überflutet worden, heisst es in der Mitteilung. Wasser sei in Hunderte Wohnungen, Keller und Tiefgaragen eingedrungen.
Bis Donnerstagmittag gingen bei der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich (GVZ) 2000 Schadensmeldungen ein. «In 80 Prozent der Fälle handelt es sich um Überschwemmungen, der Rest sind Hagelschäden», sagte eine Sprecherin gegenüber Radio Zürisee. Der Schaden beläuft sich voraussichtlich auf über 10 Millionen Franken.
Flugzeug konnte wegen Unwetter in Zürich nicht landen
Am Flughafen Zürich ging am Mittwochabend zeitweise nichts mehr. Wegen der Gefahr durch Blitzeinschläge hätten sich weder Personal noch Passagiere den Flugzeugen nähern dürfen, sagte ein Sprecher. Deshalb sei weder Einsteigen noch Aussteigen noch Beladen und Entladen möglich gewesen. Auch das Betanken der Flugzeuge war nicht erlaubt.
Eine BLICK-Leserreporterin war deswegen am Mittwochabend auf ihrem «Austrian Airlines»-Flug von Wien (Ö) nach Zürich in Friedrichshafen (D) gestrandet. «Wegen des Unwetters konnte unser Flug in Zürich nicht landen», sagte sie. «Wir sind über eine Stunde über Süddeutschland gekreist, bis der Pilot entschieden hat auf Friedrichshafen auszuweichen.»
Lange war unklar, wie es weitergeht. «Es kam Unruhe auf als das Gerücht die Runde machte, dass wir wieder zurück nach Wien fliegen müssen.» Doch die Passagiere konnten aufatmen. Gemäss einer Durchsage konnte die Reise nach Zürich per Flugzeug gegen 22 Uhr fortgesetzt werden. «Die Tatsache, dass es nach Zürich weitergeht, hat die Fluggäste beruhigt», sagte die BLICK-Leserreporterin.
15 Flüge gestrichen: 1400 Swiss-Passagiere betroffen
Das Unwetter hat auch der Fluggesellschaft Swiss einen Strich durch den Flugplan gezogen. «Wir mussten insgesamt 15 Flüge wegen des Unwetters streichen», sagt Swiss-Sprecherin Karin Müller auf Anfrage von BLICK. «Insgesamt 1400 Passagiere sind davon betroffen.»
Laut Müller werden diese indes umgebrucht oder fliegen morgen Donnerstag zu den vorgesehenen Destinationen ab. Ausserdem mussten zwei weitere Swiss-Flüge nach Basel beziehungsweise Stuttgart (D) umgeleitet werden. Diese seien aber schon wenig später wieder in Richtung Zürich unterwegs gewesen.
Verschmutztes Trinkwasser
Im Nordwesten des Kantons Zürich wurde in Schöfflisdorf und Oberweningen gegen 22.30 Uhr ein Sirenenalarm ausgelöst, wie die Zürcher Kantonspolizei mitteilte. In den beiden Gemeinden war das Trinkwasser nach dem Unwetter stark verschmutzt. Die Bürger müssen auf Anweisung der Behörden Wasser sparen und dieses vor dem Gebrauch abkochen. Für wie lange, war zunächst unklar. Die beiden betroffenen Gemeinden wollen am Donnerstagmorgen informieren.
Stark vom Regen getroffen wurde auch Dielsdorf. Dort wurde laut Polizei ein Hallenbad wegen eines Wassereinbruchs im Keller evakuiert. Zudem drang Wasser in einen Chemiebetrieb ein, und Fässer mit Chemikalien schwammen in den Fluten, wie ein Sprecher von Schutz & Rettung der SDA sagte. Für die Bevölkerung bestand laut Angaben der Polizei keine Gefahr.
Massive Schäden
Ausserdem legte das Unwetter eine S-Bahn-Strecke im Nordwesten Zürichs lahm: Weil in Dielsdorf und Steinmaur Weichen unter Wasser standen, konnten die Züge der Linie 15 zwischen Dielsdorf und Niederweningen nicht mehr verkehren.
Ersatzbusse seien aufgeboten worden, sagte ein Sprecher der SBB zu einer Meldung der Bahnverkehrsinformation. Die Reisenden mussten etwas längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Am späten Mittwochabend wurde die Strecke der Bahnverkehrsinformation zufolge wieder für den Verkehr freigegeben.
Die Behörden rechnen mit «massiven» Schäden, wie es in der Mitteilung von Schutz & Rettung Zürich heisst. Über verletzte Personen war in der Nacht zunächst nichts bekannt. Um die Situation zu entschärfen, sei neben der Feuerwehr auch der Zivilschutz aufgeboten worden. Die Aufräumarbeiten daurten am Donnerstag an. Für die Feuerwehren sei es der grösste Unwettereinsatz seit dem Sturmtief Burglind Anfang Jahr gewesen.
Zehntausende Blitze
Wie SRF Meteo mitteilte, zog die Gewitterline am Nachmittag und Abend über die Schweiz hinweg. Sie brachte neben den Überschwemmungen auch bis zu vier Zentimeter grosse Hagelkörner und Zehntausende Blitze.
Ein Hagelzug hat die Umgebung von Baden AG vorübergehend winterlich aussehen lassen. Leserbilder zeigten weisse Strassen und auch überschwemmte Unterführungen und Garagen.
In der Region Baden-Lägeren im Osten des Kantons Aargau fiel am meisten Regen. Innerhalb von einer halben Stunde gab es in Ehrendingen AG 53 Millimeter Regen und insgesamt über 70 Millimeter. Das sind zwei Drittel der Menge, die sonst im gesamten Mai fällt.
In der Region Baden, im Zuzibiet und im Mettauertal standen laut Angaben der Aargauer Kantonspolizei vom Donnerstag auf Twitter elf Feuerwehren im Einsatz. Bei der Notrufzentrale gingen über hundert Meldungen ein.
50 Meldungen im Thurgau, Einsätze in Bern
Das Unwetter hat auch im Kanton Thurgau für zahlreiche überflutete Keller gesorgt, wie die Kantonspolizei Thurgau am Donnerstagmorgen mitteilte. Zwischen 20.30 und 22.30 Uhr gingen bei der Notrufzentrale rund 50 Schadensmeldungen ein. Die Feuerwehren standen vor allem im Mittelthurgau im Einsatz. Gemäss den Erkenntnissen der Kantonspolizei wurden keine Personen verletzt.
In der Stadt Bern musste die Feuerwehr wegen des Unwetters fünf Mal ausrücken. Besonders schwer getroffen hat es eine Parterrewohnung an der Freiburgstrasse im Mattenhof-Weissenbühl Quartier, die unter Wasser stand. Der entstandene Sachschaden beträgt mehrere Zehntausend Franken. Die Wohnung ist nicht mehr bewohnbar. (rad/noo/SDA)