Gegen das in der Deutschschweiz seit längerem gelebte Prinzip, dass derjenige bezahlt, der Abfall anhäuft, gibt es in der Romandie und im Tessin heftigen Widerstand. Viele Gemeinden finanzieren die Abfallbeseitigung einzig mit ihren Steuern. Anläufe zur Einführung einer Sack- oder Gewichtsgebühr scheiterten immer wieder.
In der lateinischen Schweiz hat einzig der Kanton Freiburg flächendeckend Gebühren nach dem Verursacherprinzip eingeführt. Der Kanton Neuenburg arbeitet derzeit daran. In anderen Kantonen gibt es Gemeinden mit und ohne Sackgebühr.
Im Wallis zieht sich der «Ghüder»-Graben gar mitten durch den Kanton. Während das deutschsprachige Oberwallis die Sackgebühr eingeführt hat, kennt das französischsprachige Unterwallis keine Abfallgebühren.
Im Kanton Genf und in den meisten Waadtländer Gemeinden, darunter Lausanne, werden ebenfalls keine Abfallgebühren erhoben. Die ganze Abfallbeseitigung wird mit Steuergeldern finanziert.
Dieser Praxis schieben die Bundesrichter in Lausanne nun einen Riegel. Mit einem System ohne Gebühren fehle jeder Ansporn, Abfall zu vermeiden, schreiben sie in ihrem Urteil. Dies widerspreche dem schweizerischen Umweltschutzgesetz. Gemäss diesem müssen ab kommendem Jahr sämtliche Gemeinden bei der Abfallentsorgung eine verursachergerechte Finanzierung einführen.
Gemäss dem Bundesgericht dürfen maximal 30 Prozent der Kosten für die Abfallbeseitigung mit Steuergeldern bezahlt werden. Den Rest muss der Verursacher berappen – ob durch eine Gebühr nach Gewicht oder via eine Sackgebühr, ist den Richtern einerlei.
Eine nach Haushaltsgrösse erhobene Abfallgebühr haben die Lausanner Richter aber ebenfalls für rechtswidrig erklärt. Dies trage der Tatsache nicht Rechnung, dass Haushalte mit der gleichen Anzahl Personen sehr wohl unterschiedliche Mengen an Abfall produzierten, urteilte das Bundesgericht.