71 Prozent stimmten Nein
Abfuhr für nationale Erbschaftssteuer

Keine Chance für eine nationale Steuer auf grossen Erbschaften: Rund 71 Prozent der Stimmenden und alle Kantone haben am Sonntag die Volksinitiative für eine nationale Erbschaftssteuer abgelehnt.
Publiziert: 14.06.2015 um 16:49 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:01 Uhr

Insgesamt rund 1'613'400 Stimmende sagten Nein, rund 658'200 unterstützten die Initiative. 43,7 Prozent der Stimmberechtigten nahmen an der Abstimmung teil.

Der Nein-Stimmen-Anteil ist mit rund 71 Prozent grösser als in der letzten Trendumfrage im Auftrag der SRG. Damals hatten 61 Prozent angegeben, die Initiative abzulehnen.

Die meisten Nein-Stimmen gab es mit einem Anteil von 84,4 Prozent im Kanton Wallis. Wuchtig Nein sagten mit 82,8 Prozent der Stimmen auch Schwyzerinnen und Schwyzer. Ihr Kanton ist der einzige, in dem heute Erbschaften und Schenkungen nicht besteuert werden.

Am meisten Befürworter fand die nationale Erbschaftssteuer in Basel-Stadt, wo lediglich 58,7 Prozent der Stimmenden die Initiative ablehnten. Nein-Anteile von unter 70 Prozent gab es auch in Zürich, Schaffhausen, Glarus, Neuenburg und Jura.

Mit der Initiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV» verlangten EVP, SP, Grüne sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund eine einheitliche nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer von 20 Prozent. Besteuert worden wären Erbschaften und aufsummierte Schenkungen von mehr als 2 Millionen Franken. Schenkungen bis 20'000 Franken pro Jahr und Person wären nicht gezählt worden.

Ausnahmen hätte die Initiative nur für Nachlässe an Ehegatten, registrierte Partnerinnen und Partner sowie steuerbefreite Organisationen zugelassen. Zuwendungen an die eigenen Kinder dagegen wären der Steuer unterstellt worden. Die Initianten schätzten den Steuerertrag pro Jahr auf 3 Milliarden Franken.

Die in den meisten Kantonen existierenden Besteuerungen von Erbschaften und Schenkungen hätten die Initianten abschaffen wollen. Den Kantonen wollten sie als Kompensation ein Drittel des Ertrages der nationalen Steuer überlassen. Die übrigen zwei Drittel hätten die Initianten der AHV zukommen lassen wollen.

Bürgerliche Parteien und Wirtschaftsverbände hatten die Initiative bekämpft mit dem Argument, diese sei wirtschaftsfeindlich, trotz der Ausnahmeregelungen für Betriebe und auch für Bauern. Vor allem bei Übertragungen von Betrieben an Erben gebe es Probleme, da Mittel, die für Investitionen gebraucht würden, der Firma entzogen würden.

Mit dem Nein behalten die Kantone das Sagen über die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen. Ausser im Kanton Schwyz kennen zwar alle Kantone eine solche Steuer, doch sind direkte Nachkommen fast überall steuerbefreit. Lediglich in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden, Waadt und Neuenburg ist das nicht der Fall.

Die Finanzdirektoren der Kantone hatten sich vehement gegen eine nationale Erbschaftssteuer ausgesprochen. Sie sahen ausserdem rechtliche Mängel an der Initiative, unter anderem weil Schenkungen rückwirkend ab 2012 zum Nachlass gezählt werden sollten.

Vor Ende 2011 reagierten wegen der Rückwirkung zahlreiche Reiche auf die Initiative, indem sie ihre Vermögenswerte an ihre Erben verschenkten, um die eventuelle Erbschaftsbesteuerung zu umgehen. Bei den Notariaten und Grundbuchämtern herrschte deshalb viel Betrieb.

Peter Hegglin, Zuger Finanzdirektor und Präsident der kantonalen Finanzdirektorenkonferenz, zeigte sich am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur sda denn auch erleichtert über das Nein. «Das ist ein deutliches Zeichen, dass die Stimmbürger keine Kompetenzverschiebung zum Bund wollen.»

Der Zürcher FDP-Nationalrat Ruedi Noser sagte, die Bevölkerung wisse, dass das Schweizer Steuersystem solidarisch und korrekt sei. Deshalb habe sie sich deutlich gegen die Erbschaftssteuerinitiative ausgesprochen. «Die Bevölkerung will das Erfolgsmodell Schweiz nicht gefährden und sich nicht auf Experimente einlassen», sagte Noser am Sonntag der sda.

Auch dass der bürgerliche Block geschlossen gegen die Initiative gewesen sei, habe sicher zur deutlichen Ablehnung beigetragen. Dass man das Volk kaufen könne, glaube er aber nicht, sagte Noser - auf die eigene Kampagne angesprochen.

Die Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueline Badran sieht den Grund für das deutliche Nein indes klar in der finanziellen Überlegenheit der Gegner: «Was will man gegen eine 10-Millionen-Kampagne machen?», fragte sie.

Auch die Medien sieht sie in der Verantwortung: «Wir hatten die Redaktionsstuben gegen uns», sagte Badran der sda. Bei der eigenen Kampagne konnte sie keine Fehler ausmachen: «Wir hatten einfach 100 mal weniger Budget.»

Auch die Co-Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, ist nicht überrascht ob der deutlichen Ablehnung: «Nach der unglaublichen Kampagne der anderen Seite habe ich damit gerechnet», sagte sie der sda.

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